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Zahl der Straftaten erneut stark gesunken
Schaffhauser Nachrichten, 31.03.2012 von Zeno Geisseler
Um über zehn Prozent ist die Zahl der Straftaten im vergangenen Jahr im Kanton Schaffhausen zurückgegangen. Schweizweit gab es einen Anstieg von fast sechs Prozent.
Das «kleine Paradies» ist noch paradiesischer geworden: Die Zahl der gemeldeten Straftaten im Kanton Schaffhausen ist im vergangenen Jahr deutlich gesunken. Rund 4500 Taten wurden erfasst, im Vorjahr waren es noch rund 5000 gewesen (siehe Tabelle rechts). Der Rückgang beträgt somit rund zehn Prozent; seit 2008 ist die Zahl der Taten sogar um über ein Viertel gesunken.
Die Behörden zeigten sich erwartungsgemäss zufrieden mit dieser Entwicklung: «Der Spruch ‹Früher war alles besser› trifft in diesem Fall nicht zu», sagte Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel bei der gestrigen Vorstellung der Zahlen. «Wir leben in einem äusserst sicheren Kanton.» Polizeikommandant Kurt Blöchlinger ergänzte: «Das Resultat bereitet mir Freude.» Die Schaffhauser Zahlen können sich auch im schweizweiten Vergleich sehen lassen: Landesweit ist die Zahl der gemeldeten Straftaten nämlich um fast sechs Prozent angestiegen (siehe SN vom Dienstag). Wie immer bei solchen Aufstellungen gilt es, eine gewisse Vorsicht walten zu lassen. Erstens dürfte die Dunkelziffer in gewissen Bereichen deutlich höher sein als die ausgewiesene Zahl – etwa beim Konsum von weichen Drogen. Zweitens unterscheidet die Statistik nicht nach der Schwere eines Delikts, ein Velodiebstahl zählt genauso viel wie ein Mord. Drittens sind die Fallzahlen zum Teil sehr klein, geringe Variationen können also grosse statistische Auswirkungen haben. «Eine, zwei Banden, die eine Serie von Straftaten begehen, und die Bilanz sähe schon ganz anders aus», meinte Kommandant Blöchlinger. Ein Blick auf die Details: Die mit Abstand grösste Gruppe im Bereich des Strafgesetzbuches (StGB) sind Vermögensdelikte wie Diebstahl, Raub oder Sachbeschädigung. Rund 1900 Taten fallen in diese Kategorie, 17 Prozent weniger als im Vorjahr. Bemerkenswert ist der starke Rückgang bei den Einbrüchen. 181 wurden gezählt, fast 30 Prozent weniger als im Vorjahr. Kommandant Blöchlinger führte dieses Resultat nicht zuletzt auf eine grosse Kampagne gegen Dämmerungseinbrüche zurück. Auch bei den Delikten gegen Leib und Leben gab es einen leichten Rückgang (acht Prozent). Es gab wie im Vorjahr eine vollzogene Tötung, statt 14 gab es noch zwei versuchte Tötungen. Bei den Drogendelikten wiederum betrifft die grosse Mehrheit den Besitz oder den Anbau für den Eigenkonsum, wobei Hanfprodukte mit Abstand vorne liegen. Beim Ausländergesetz entfällt der grösste Teil, rund 60 Prozent der Taten, auf rechtswidrige Ein-/Ausreise und rechtswidrigen Aufenthalt. Eine grosse Variation gibt es bei den Aufklärungsquoten. Das Tötungsdelikt konnte geklärt werden, aber nur bei jedem achten der 181 Einbrüche konnte der Täter gefasst werden. So gut wie nie gefasst werden Velodiebe: 2011 wurden 211 Fahrräder als gestohlen gemeldet. Aufgeklärt wurde ein einziger Fall. Die Aufklärungsquote ist allerdings immer eine Momentaufnahme. Manchmal gelingt es erst nach Jahren, einen Täter zu fassen. So etwa bei einem Raubüberfall auf ein Schmuckgeschäft im Jahr 2007 (siehe Artikel auf der Frontseite).
Schweizer, dann Deutsche
Bei der Nationalität der Beschuldigten überwiegen Personen mit dem Schweizer Pass, im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung sind die Ausländer aber überdurchschnittlich kriminell. Bei den Taten nach StGB etwa waren 36,4 Prozent der Beschuldigten Ausländer (nur hier Wohnende, ohne Asylbewerber oder Durchreisende), ihr Anteil an der Wohnbevölkerung liegt bei rund 24 Prozent. Die grösste Ausländergruppe im StGB-Bereich bildeten die Deutschen (98 Personen), gefolgt von Italien und Serbien/Montenegro.
Stadt Schaffhausen ein Hotspot
Verteilt man die Taten geografisch, zeigt sich ein Hotspot in der Stadt Schaffhausen. Gut 70 Prozent der StGB- und der Drogendelikte und etwa die Hälfte der Verstösse gegen das Ausländergesetz entfallen auf die Kantonshauptstadt. Am anderen Ende der Skala liegt Hemishofen mit nur einem einzigen Delikt im Jahr 2011. Die Stadt liegt auch bei den relativen Zahlen vorn: Pro 1000 Einwohner gab es 61 Straftaten nach StGB; an zweiter Stelle liegt Trasadingen mit 52. In den Landgemeinden gibt es zum Teil deutliche Abweichungen zum Vorjahr, allerdings sind die Fallzahlen sehr tief.
Trotz Rückgangs der Fallzahlen Polizei war 2011 stark gefordert
Dass die Polizei im letzten Jahr weniger Fälle bearbeiten musste, sei positiv gewesen, sagte Philipp Maier, Chef der Kriminalpolizei. «Wir konnten pro Fall mehr Zeit aufwenden, was sich in den Resultaten niederschlug.» Trotzdem war das Korps alles andere als unterbeschäftigt. «Die Polizei wurde mehr als einmal an die Grenzen der Belastbarkeit gebracht», sagte Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel. Sie erinnerte an den Flugzeugabsturz in Oberhallau, an das Tötungsdelikt in Beringen und an die Schiesserei auf der Breite in Schaffhausen. Fälle, welche sich alle kurz hintereinander ereignet hatten. «Weniger Delikte bedeuten nicht weniger Aufwand», sagte Kommandant Kurt Blöchlinger. Es habe viele Einsätze gegeben, welche gar nicht in der Kriminalstatistik auftauchten, aber das Korps dennoch stark belastet hätten. «Der Kanton war ein einziges Festzelt», sagte Blöchlinger mit Verweis etwa auf das «Schaffusia11»-Fest oder die Tour de Suisse. Nicht zu vergessen seien die üblichen Nachtdienste am Wochenende.
Kripo-Chef Maier ergänzte, dass die Einführung der neuen Strafprozessordnung nicht ohne Folgen für die Polizeiarbeit geblieben sei. So könnten Verdächtigte heute früher aus der Untersuchungshaft kommen als in den Vorjahren, zudem sei es manchmal schwierig, den sogenannten «Anwalt der ersten Stunde» aufzubieten, was für weitere Verzögerungen gesorgt habe. (zge)
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