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Weniger stark sparen bei den Kirchen

Schaffhauser Nachrichten, 03.05.2013 von Zeno Geisseler

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Um eine Million wollte die Regierung die Staatsbeiträge an die Landeskirchen kürzen. Der Schaffhauser Kantonsrat hat sich weniger streng gezeigt. Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen.

4,1 Millionen Franken erhalten die Schaffhauser Landeskirchen bis jetzt jährlich vom Kanton. Weil der Kanton rote Zahlen schreibt, hat die Regierung vorgeschlagen, diesen Beitrag um eine Million zu kürzen.

Gestern war dieser Schnitt im Parlament traktandiert, und dies ist aus zwei Gründen interessant. Erstens ist die Kürzung einer der grösseren Einzelbeiträge, und zweitens ist der Kirchenbeitrag in einem Gesetz festgelegt und damit einer der wenigen Punkte des Entlastungsprogramms ESH3, über die das Parlament überhaupt entscheiden kann. Den Grossteil des 25-Millionen-Sparpakets kann die Regierung in Eigenregie durchsetzen, ohne Parlament oder Volk dazu zu befragen. Gleich von Anfang an wurde deutlich, dass vor allem die linke Ratsseite diese Kürzung nicht einfach so hinnehmen würde. Dies war bemerkenswert, denn in der Vergangenheit war gerade die SP eine der grössten Gegnerinnen der Kirchen gewesen. «Die Haltung der SP hat sich geändert», sagte Werner Bächtold (SP, Schaffhausen). «Früher waren wir für eine Trennung von Staat und Kirche. Heute schätzen wir die Leistungen der Landeskirche ausserordentlich.» Die linken Vertreter führten zwei Hauptkritikpunkte ins Feld. Erstens, sagte Bächtold, habe die Regierung die Kürzung der Beiträge damit begründet, dass die Zahl der Kirchenmitglieder stark gesunken sei. «Genauso gut könnte man den Schulen die Budgets halbieren, weil sich die Schülerzahlen seit den Sechzigerjahren halbiert haben», sagte Bächtold. Und: «Auch der Staatshaushalt wächst nicht parallel zur Bevölkerungsentwicklung.» Es sei auch den Kirchen klar, dass sie ihren Beitrag zur Sanierung des Staatshaushaltes leisten müssten, weshalb sie auch das Angebot gemacht hätten, 400 000 Franken zu sparen. «Doch», und nun kam der zweite Kritikpunkt der Linken, «die Regierung hat das nicht einmal diskutiert. Das ist unverständlich. Langjährige Partner stellt man nicht vor vollendete Tatsachen.» Deshalb stellte Bächtold den Antrag, das Gesetz zurück an die Regierung zu spedieren, mit dem Auftrag, mit den Kirchen zu verhandeln. Sonst werde das Gesetz wohl vors Volk kommen mit dem Risiko, dass dieses jegliche Sparmassnahmen bei den Kirchen sogar gänzlich ablehne. Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel konterte: «Zweifellos ist Reden miteinander immer gut. Wenn Sie jedoch ein Entlastungsprogramm von 25 Millionen Franken schnüren müssen und mit allen reden sollen, werden Sie nie zum Ziel kommen.» Jeder werde zahlreiche gute Gründe finden, weshalb gerade die Massnahme, die ihn betreffe, nicht möglich sei. «Es kann nicht sein, dass man mit der Kirche verhandelt, mit allen andern aber nicht», sagte Widmer Gysel weiter. «Es gibt keinen Anspruch darauf, dass staatliche Beiträge unverändert bleiben. Selbst wenn die Leistungen gesellschaftlich sehr wertvoll sind.»

Erfolg für die SP

Dann kam es zur Abstimmung. Nur um Haaresbreite wurde die Rückweisung abgelehnt, mit 27 Ja zu 29 Nein. Doch schon folgten weitere Anträge. Andreas Frei (SP, Stein am Rhein) verlangte, dass der Jahresbeitrag statt wie bis jetzt 4,1 Millionen neu noch 3,7 Millionen Franken betragen und jährlich an die Inflation angepasst werden solle – de facto also eine Kürzung um diejenigen 400 000 Franken, welche die Landeskirchen schon selbst angeboten hatten. Es sei ein Fehler, sagte Frei, bei den Kirchen und damit der Freiwilligenarbeit zu sparen, dies komme den Staat langfristig sogar teurer. Er warnte weiter: «Wenn wir uns aus der Verantwortung zurückziehen, machen wir einen grossen Fehler. Andere Religionsgemeinschaften werden stärker werden, die dem Staat aber nicht verpflichtet sind.» Dann begann sich die Ratsrechte zu recken. Christian Ritzmann (JSVP, Schaffhausen) stellte den Antrag, sogar noch mehr Geld einzusparen, nämlich den Kirchen jährlich noch 2,4 Millionen Franken auszubezahlen, nicht indexiert. Die Kirchen könnten ja die Kirchensteuern erhöhen, so könne jeder selbst entscheiden, ob er diese höheren Steuern mittragen wolle oder nicht. Christian Heydecker (FDP, Schaffhausen) ergänzte, «wenn der Staat seine Leistungen kürzt, werden die Empfänger kreativ. Erst dann bemüht man sich, die Einnahmenausfälle zu kompensieren.» Die Kirchen könnten sich ja überlegen, statt für Dritte mal für sich selbst zu sammeln. In der Abstimmung kam Andreas Frei mit seinem Antrag dann aber glatt durch, er fand sowohl gegen die Variante Radikalkürzung eine Mehrheit (29 zu 17 Stimmen) als auch gegen die ursprüngliche 1-Million-Kürzung (28 zu 23 Stimmen). Das Gesetz geht nun zurück in die Kommission und kommt dann für die zweite Lesung nochmals vor das Parlament.

Im Rahmen des Sparpakets ESH3 hat der Kantonsrat gestern zwei weitere Gesetzesänderungen in 1. Lesung beraten. Beim Schulgesetz ging es darum, Beiträge des Kantons in Höhe von 70 000 Franken an kieferorthopädische Behandlungen bei Kindern zu streichen, nicht zuletzt, weil der administrative Aufwand im Verhältnis zu den Beiträgen zu gross sei. Franziska Brenn (SP, Neuhausen) stellte den Antrag, auf die Streichung zu verzichten, da weniger gut gestellte Familien auf die Beiträge angewiesen seien. In der Abstimmung unterlag sie mit 22 zu 32 Stimmen.

Es brauche keine Revision des Justizgesetzes, um die Minimalgebühr bei Strafbefehlen um 50 Franken zu erhöhen, erklärte Matthias Freivogel (SP, Schaffhausen) und stellte den Antrag, die Änderung an die vorberatende Kommission zurückzuweisen. Nachdem Regierungsrat Ernst Landolt den Rat gemahnt hatte, er könne nicht auf Streichungen verzichten und gleichzeitig auch noch gegen höhere Gebühren sein, stellte Freivogel klar, er sei nicht gegen eine Erhöhung, nur gegen eine Gesetzesrevision. Er zog seinen Antrag zurück. Beide Gesetzesrevisionen gehen jetzt in die 2. Lesung.

Originalbericht SN