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Was im Kanton auf uns zukommt
Schaffhauser Nachrichten, 01.04.2012 von Zeno Geisseler
Die Wahl einer neuen Regierung und eines neuen Parlamentes sowie der Halbstundentakt nach Zürich – sie werden den Kanton Schaffhausen 2012 prägen.
Manchmal dauert es etwas länger, bis aus hochfliegenden Plänen Tatsachen werden. Schon im Januar 1921, vor 91 Jahren also, berichtete das «Intelligenzblatt», dass die SBB die Strecke zwischen Eglisau und Schaffhausen ausbauen wollten. Im Jahr 2012 ist man von einer durchgehenden Doppelspur zwar immer noch weit entfernt, aber dank zwei Doppelspurinseln kann eine langjährige Forderung der Schaffhauser nun endlich, endlich erfüllt werden: der Halbstundentakt nach Zürich. Er soll pünktlich zum Fahrplanwechsel im kommenden Dezember eingeführt werden, sehr zur Freude der Pendler und der Wirtschaftsförderer. Anders als geplant kann zum gleichen Zeitpunkt nicht auch die erste Etappe der Schaffhauser S-Bahn eröffnet werden. Eigentlich war vorgesehen, auf den Fahrplanwechsel 2012/2013 auch die auf Doppelspur ausgebaute und elektrifizierte Klettgaustrecke in Betrieb zu nehmen. Sie ist das Herzstück der S-Bahn. Dieser Ausbau wird sich aber um rund ein Jahr verzögern, wie im Dezember bekannt wurde (die SN berichteten).
Unschöne Reihenfolge
Die Weichen werden im neuen Jahr aber nicht nur im Verkehr, sondern auch auf politischer Ebene gestellt: Sowohl die Kantonsregierung als auch das kantonale Parlament werden neu bestellt. Aus Wählersicht unschön ist, dass zuerst die neue Regierung gewählt wird (am 26. August) und erst anschliessend der Kantonsrat (am 23. September). Wer der Ansicht ist, dass die Zusammensetzung der Regierung in etwa dem Wähleranteil entsprechen sollte, hätte gerne vor der Wahl gewusst, wie die Parteien aktuell unterwegs sind. Die Schaffhauser Stimmbürger müssen sich nun mit Behelfskrücken helfen, mit den Ergebnissen der Kantonsratswahlen von vor vier Jahren und der nationalen Wahlen vom letzten Herbst.
Links-Grün untervertreten
Derzeit sitzen je zwei Vertreter von FDP und SVP sowie eine Vertreterin der SP in der Schaffhauser Regierung. Aus arithmetischer Sicht Erklärungsbedarf hat vor allem die FDP, denn rein rechnerisch ist ihre Doppelvertretung kaum zu begründen: Die FDP-JF-CVP-Fraktion kommt im Parlament auf 17 Sitze und stellt 2 Regierungsräte. Auch die SP-AL-Fraktion hält 17 Sitze, inklusive ÖBS kommt das links-grüne Lager sogar auf 22 Kantonsräte. In der Regierung ist es aber bloss mit einer einzigen Person vertreten. Die Position der FDP ist seit den nationalen Wahlen 2011 zusätzlich geschwächt: Bei den Nationalratswahlen hat sie nur noch halb so viele Stimmen geholt wie 2007, und sie hat auch noch ihren Ständeratssitz verloren. Links-Grün hätte also gute Gründe, der FDP einen Sitz in der Regierung abzujagen. Die FDP wiederum wird argumentieren, dass man Regierungsräte nicht abwählen sollte und beim Regierungsrat Persönlichkeiten und nicht Parteibüchlein ausschlaggebend sind.
Was macht Hafner-Wipf?
Bei den Regierungsratswahlen im Fokus stehen wird aber nicht nur die FDP, sondern auch SP-Regierungsrätin Ursula Hafner-Wipf. Die Leiterin des Departements des Innern und diesjährige Regierungspräsidentin ist das älteste Mitglied der Kantonsregierung. Sie wird diesen August 63 Jahre alt und steht somit kurz vor dem ordentlichen Pensionsalter. Viele politische Beobachter gehen davon aus, dass sie nicht nochmals für eine weitere Amtszeit antritt. Theoretisch möglich wäre – neben einer vollen weiteren Amtszeit – auch, dass sie nochmals kandidiert und dann während der Amtszeit vorzeitig zurücktritt. Da die SP ein ähnliches Manöver des damaligen SVP-Regierungsrats Erhard Meister aber scharf kritisierte, ist dieser Weg für Hafner-Wipf wohl keine Option (siehe auch Interview mit Hafner-Wipf in dieser Ausgabe). Bei den übrigen Regierungsräten zeichnet sich altersbedingt kein Rücktritt ab. Der zweitälteste Regierungsrat, Ernst Landolt (SVP), wird im kommenden Jahr zwar 60. Der Nachfolger Erhard Meisters ist jedoch erst seit Anfang 2011 im Amt, er dürfte ohne Not seine Aufgabe noch nicht abgeben. Seine Parteikollegin Rosmarie Widmer Gysel wird dieses Jahr 56 Jahre alt, genau wie auch FDP-Regierungsrat Reto Dubach. Sie beide können vom Alter her also problemlos noch zwei Amtsperioden absolvieren. Gar kein Thema ist das Alter von Christian Amsler (FDP). Er wird Ende des kommenden Jahres erst 50 Jahre alt. Während grössere Verschiebungen im Regierungsrat zwar möglich, aber eher unwahrscheinlich sind, ist bei den Kantonsratswahlen das Feld weit offen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die grossen Parteien wie zuvor auf nationaler Ebene auch im Kanton unter Druck geraten, für eine Prognose ist es aber noch zu früh.
Geleitete Schulen
Über welche Geschäfte die Stimmbürger an der Urne sonst noch abstimmen werden, ist derzeit noch nicht in allen Details klar. Gesetzt ist die Schulreform mit der flächendeckenden Einführung von geleiteten Schulen: über sie stimmen wir am 11. März ab. Die Gegner der Reform, allen voran die SVP, argumentieren, die Einführung von geleiteten Schulen sei teuer, unnötig und ein schwerer Eingriff in die Gemeindeautonomie. Die Befürworter unterstreichen, dass geleitete Schulen in vielen Gemeinden bereits eingeführt worden seien und auch von der Lehrerschaft begrüsst würden. Unsicher ist hingegen eine Abstimmung noch in diesem Jahr über die Volksinitiative «für bezahlbare Krankenkassenprämien», welche SP, AL und Gewerkschaften Ende Dezember eingereicht haben. Falls das Parla- ment keinen Gegenvorschlag bringt, wird das Volk mit Sicherheit noch 2012 über die Initiative abstimmen können. Falls es aber zu einem Gegenvorschlag kommt, kann es deutlich später werden.
Sicherheitszentrum und Spital
Im Parlament dürften noch mehrere weitere grosse Brocken zur Sprache kommen, die zu einem späteren Zeitpunkt noch dem Volk vorgelegt werden. Dazu gehört das geplante Sicherheitszentrum. Die von der Regierung bevorzugte Variante sieht vor, Polizei, Gefängnis und Staatsanwaltschaft an einem gemeinsamen Standort in Herblingen zusammenzuziehen. Der Neubau soll rund 77 Millionen Franken verschlingen, gleichzeitig soll das Klosterviertel in der Schaffhauser Altstadt einer neuen Nutzung zugeführt werden. Angesichts leerer Kantonskassen wird es spannend werden, ob das Parlament – und am Schluss auch der Stimmbürger – ein solches Sicherheitszentrum bauen möchte. Die gleiche Frage stellt sich auch beim Ausbau des Kantonsspitals. Je nach Variante soll dieser bis zu 300 Millionen Franken kosten, wobei die Kosten über mehrere Jahre verteilt würden. Dennoch würden dafür wohl die Steuern erhöht werden müssen. Weiter dürfte das Parlament noch vor den Sommer-ferien den umstrittenen Höherstau des Rheins diskutieren. Alles in allem ist schon im Januar klar, dass das Jahr 2012 also als ereignisreich in die Kantonsgeschichte eingehen wird.
http://www2.shn.ch/index.php?page=archivdetail&rub=news&detail=324031