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Tagesstrukturen: Kampf ums Geld
Schaffhauser Nachrichten, 18.03.2008 von Erwin Künzi
Heisse Diskussionen haben bei der Beratung des Schulgesetzes im Kantonsrat die Kosten der ausserschulischen Betreuung ausgelöst. Nach diversen Abstimmungen konnte sich der Rat auf eine Lösung einigen.
Was in der Sache unbestritten ist, führt zu Auseinandersetzungen, wenn es ums Zahlen geht. Diese alte Weisheit hat sich an der gestrigen Sitzung des Kantonsrats einmal mehr bewahrheitet. Bei der Beratung des neuen Schulgesetzes hatte das Parlament an einer früheren Sitzung ohne grössere Diskussionen einem Artikel zugestimmt, in dem es neben den Blockzeiten um die ausserschulische Betreuung der Schülerinnen und Schüler geht. Dort hiess es, dass die Gemeinden bzw. die Schulverbände an den Schulen der Primarstufe und der Sekundarstufe I bei Bedarf weitergehende Tagesstrukturen anbieten können, so etwa Mittagstische oder Aufgabenhilfen. Herrschte damals noch Einigkeit, so hatte sich diese vor der gestrigen Sitzung verflüchtigt, als es darum ging, im Gesetz festzulegen, wer diese Tagesstrukturen zu berappen hat.
Beteiligung des Kantons
Laut der Vorlage der vorberatenden Kommission sollte sich der Kanton mit 50 Prozent an den Besoldungskosten beteiligen, die den Gemeinden beziehungsweise den Schulverbänden aus dem Angebot der Tagesstrukturen entstehen. Bereits zu Sitzungsbeginn war dieser Wortlaut des entsprechenden Artikels Makulatur, da die Kommission eine neue Version präsentierte. Laut dieser sollte der Kanton seine Beteiligung in Form von Pauschalen ausbezahlen. Zudem sollte die Regierung die Ausgestaltung von Tagesstrukturangeboten mit einer Verordnung regeln.
Doch es kam noch besser: Auch die Regierung präsentierte zu Sitzungsbeginn einen eigenen Vorschlag: Dieser unterschied sich in zwei wesentlichen Punkten vom Vorschlag der Kommission: Zum einen sollte der Beitrag des Kantons nur ein Drittel der Besoldungskosten betragen, zum anderen sollten sich die Erziehungsberechtigten ab einem bestimmten Einkommen ebenfalls zu höchstens einem Drittel an den Kosten beteiligen.
Damit war es aber immer noch nicht genug, dieser Artikel hatte die Phantasie der Ratsmitglieder angeregt: So präsentierten Christoph Hafner (SVP, Schleitheim) und Georg Meier (FDP, Schleitheim) weitere Anträge, in denen es um die finanzielle Beteiligung der Eltern an den Tagesstrukturen ging. Das Chaos drohte, die Beratung des Schulgesetzes schien in der Flut der Anträge unterzugehen, und es war nur dem Geschick von Ratspräsidentin Jeanette Storrer zu verdanken, dass es nicht zum definitiven Schiffbruch kam.
Rhetorisch Klingen gekreuzt
Geduldig mehrte sie Antrag um Antrag aus, bis schliesslich eine Version eine Mehrheit fand. Bis es so weit war, wurden aber rhetorisch die Klingen gekreuzt. Zuerst begründete Christoph Hafner seinen Antrag, die Eltern an den Kosten zu beteiligen. Tue man das nicht, habe dies einen Ansturm auf die Tagesstrukturen zur Folge, was sich in erhöhten Kosten für die Gemeinden von bis zu fünf Steuerprozenten auswirken könne. Wer weniger vediene, so Hafner, solle aber weniger bezahlen müssen, «damit die Kinder nicht auf der Gasse herumlungern.» In die gleiche Richtung zielte der Antrag von Georg Meier, der wie folgt lautete: «Der Elternbeitrag orientiert sich am Familieneinkommen der Eltern.» Als dann Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel den Antrag der Regierung vorlegte, der ebenfalls einen Elternbeitrag vorsieht, und gleichzeitig davor warnte, wie im Antrag von Hafner vorgesehen bestimmte Einkommenszahlen ins Gesetz aufzunehmen, zog Hafner seinen Antrag zurück.
Nach einem längeren Hickhack und obwohl einige Fragen noch ungeklärt blieben, obsiegte in der Schlussabstimmung die Version der Kommission, ergänzt durch den Antrag Meier, über die Version der Regierung, und zwar mit 40 zu 24 Stimmen. Der Artikel hat nun nach erfolgter Beratung diesen Wortlaut: «Der Kanton beteiligt sich zu 50 Prozent an den Besoldungskosten der Schulverbände beziehungsweise Gemeinden für angemessene Angebote an Tagesstrukturen gemäss Art. 7a, Absatz 2 dieses Gesetzes. Die Beteiligung des Kantons erfolgt in Form von Pauschalen. Der Elternbeitrag orientiert sich am Familieneinkommen der Eltern. Der Regierungsrat regelt die Ausgestaltung von Tagesstrukturangeboten .... durch Verordnung.»
Keine Extrawurst
Bevor sich der Rat an den Tagesstrukturen festbiss, sorgte der Untere Kantonsteil nochmals für Diskussionen. Bereits an einer früheren Sitzung hatte der Kantonsrat die sogenannte Lex Sieber beschlossen: Er stimmte dem Antrag von Alfred Sieber (SVP, Rüdlingen) zu und erlaubte den beiden Gemeinden Rüdlingen und Buchberg, einen eigenen Schulverband zu bilden. Das allein genügte Sieber aber noch nicht, weshalb er gestern nachdoppelte. Da nur wenige Schülerinnen und Schüler in diesen beiden Gemeinden die Sekundarstufe I besuchen, trotzdem aber fünf Klassen geführt würden, seien die Kosten entsprechend höher. Ins Gesetz solle deshalb eine Bestimmung aufgenommen werden, die die Entrichtung von höheren Schülerpauschalen an den Unteren Kantonsteil erlaube. Dieses Begehren wurde von Rosmarie Widmer Gysel klar zurückgewiesen. Hätte man in Buchberg/Rüdlingen in der Sekundarstufe I normale Klassengrössen, hätten jährlich 2,1 Millionen Franken eingespart werden können. Wenn die beiden Gemeinden schon einen eigenen Schulverband führen wollen, müssten sie auch die Konsequenzen tragen, meinte sie: «Alle Gemeinden sollen bei den Pauschalen gleich behandelt werden.» Dieser Meinung war auch der Rat und lehnte den Antrag Sieber mit 58 zu 12 Stimmen ab.
Dem Kantonsrat gelang es, die erste Lesung des Schulgesetzes gestern morgen zu beenden. Normalerweise hätte man anschliessend auf einzelne Artikel zurückkommen können. Wie Jeanette Storrer gegenüber den SN erklärte, findet dieses Rückkommen aber frühstens an der Sitzung vom 5. Mai statt. Anschliessend geht die Vorlage zurück an die Kommission, die die zweite Lesung vorbereitet.