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Steuern für reiche Ausländer kein Problem, politische Bildung unserer Jugendlichen hingegen schon

Schleitheimer Bote, 03.06.2007 von Kurt Schönberger

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Um die politische Bildung an unseren Schulen ist es nicht am Besten bestellt. Kantonsrat Hans-Jürg Fehr fordert Gegenmassnahmen. Als kein Problem im Kanton Schaffhausen hat sich ein anderer von ihm eingereichter Vorstoss erwiesen, es ging um 'Steuerprivilegien für reiche Ausländer'.

Die politische Bildung an unseren Schulen genügt den Ansprüchen nicht

Hans-Jürg Fehr (SP, Schaffhausen) nimmt Bezug auf publizierte Ergebnisse einer Studie aus dem Jahre 2005, die bei 1500 Schulabgängern nachgefragt hat, was und wie viel sie am Ende der obligatorischen Schulzeit über das politische System der Schweiz wissen. Er nennt Beispiele, die in der Tat ernüchternd sind. Zehn Jahre früher hat es diesbezüglich nicht besser ausgesehen. Aus Sicht des Fragestellers tragen die politischen Parteien dafür eine gewisse Verantwortung. Ebenso die Schule. Er stellt die konkrete Frage, ob es denn zwischen Politik und Schule heute irgendeine Verbindung gibt? Und er will vom Regierungsrat wissen, wo denn die eigentliche Ursache dieses Unwissens liegt.

Politisches Wissen hängt von vielen Faktoren ab

Dazu gibt Erziehungsdirektorin Rosmarie Widmer Gysel Auskunft: Die Studie, auf welche Kantonsrat Fehr Bezug nimmt, ist öffentlich noch gar nicht veröffentlicht worden. Auf unsere Anfrage hin haben wir sie aber trotzdem erhalten. Ein Schlussbericht dazu wird erst im Sommer 2007 erscheinen. Der Hauptteil der Untersuchung betrifft den Geschichts- und nicht den allgemeinen Unterricht. Dennoch soll man sich mit dem Thema 'politische Bildung' ganz allgemein auseinandersetzen, die aufgeworfenen Fragen sind durchaus ernst zu nehmen. Allerdings sind im Kanton Schaffhausen keine flächendeckenden Abklärungen gemacht worden. Sie ist denn auch bereit, das bestehende Angebot in den Schaffhauser Schulen kritisch zu betrachten. Indes, ob beim Schulaustritt ein politisches Wissen vorhanden ist, hängt auch und ganz wesentlich vom Interesse jedes/r einzelnen Schülers/Schülerin ab. Und es kann ihrer Meinung nach auch nicht die alleinige Aufgabe der Schule sein, sich darum zu bemühen. Hier spielt auch das Elternhaus eine ganz wichtige Rolle. Fazit: Schule und Elternhaus sind gleichsam gefordert, um den jungen Leuten eine politische Bildung auf den späteren Weg mitzugeben. - Nach Vorliegen der erwähnten Studie wird sich das Erziehungsdepartement damit befassen. Je nach Ergebnis muss man sich dann überlegen, ob in unserem Kanton Handlungsbedarf besteht.

Schwer enttäuschter Interpellant

Interpellant Hans-Jürg Fehr ist mit der regierungsrätlichen Antwort überhaupt nicht zufrieden. Er ist davon sogar total enttäuscht. Als Bildungsverantwortliche muss man das Ergebnis der Studie doch gar nicht erst abwarten, denn die Missstände in diesem Bereich an unseren Schulen sind auch ohne diese bekannt. Worauf warten Sie denn noch Frau Widmer Gysel? Ich habe nicht den Eindruck, dass das Thema politische Bildung bei Ihnen in den richtigen Händen ist. In Sachen politische Bildung muss die Schule eine aktive Rolle übernehmen. Wir betreiben heute schlicht keine Demokratie-Vermittlung. Als junger Mensch muss man politische Bildung aber aktiv erleben können.

Für Christian Amsler (FDP, Stetten) kann es nicht angehen, der Schule allein den 'schwarzen Peter' zuzuschieben. Natürlich muss sie einen Beitrag daran leisten, aber es liegt auch am Elternhaus. Hier kann die Grundlage für politische Zusammenhänge gelegt werden. Letztendlich hängt aber alles vom Interesse der Jugendlichen an politischen Fragen ab. Er nennt mögliche Massnahmen zur Behebung der Missstände - wenn man dies denn will: Wiederauflebenlassen des Jugendparlamentes, Senkung des Stimm- und Wahlrechtsalters usw.

Umstrittener Handlungsbedarf

Bruno Leu (SVP, Neunkirch) bedankt sich namens der SVP und der Jungen SVP bei der Regierungsrätin für die ausführliche und klare Antwort. Es ist richtig, das Resultat der erwähnten Studie abzuwarten. Im Moment besteht für ihn kein Handlungsbedarf. Beim politischen Verständnis sieht er auch das Problem der Begriffe. - Eduard Joos (FDP, Schaffhausen, von Beruf Kantonsschullehrer) fügt bei, an sich müsste der Erziehungsrat in dieser Sache handeln. Jedenfalls verdient das Thema Politik seines Erachtens unbedingt mehr Bedeutung in der Schule. Wir müssen etwas daran ändern, und zwar bald! - Auch für René Schmidt (ÖBS, Schaffhausen, von Berufs wegen Rektor der Handelsschule des KV Schaffhausen) steht ausser Frage, dass wir die Jugend für die Politik sensibilisieren müssen, und zwar auf allen Stufen. Eine Möglichkeit dafür wäre die Senkung des Stimmrechtsalters. - Göpf Werner (SVP, Beggingen) glaubt, dass viele jungen Leute nach ihrer obligatorischen Schulzeit die politische Sprache gar nicht verstehen. Wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie wir dies verbessern können. - Thomas Hurter (SVP, Schaffhausen) beklagt, dass es in der Schule in gewissen Fächern an 'Tiefgang' fehle, weil man dieser in den letzten Jahren schlichtweg zuviel aufgebürdet hat. Es mangelt in unserer Volksschule nicht am Willen, die politischen Strukturen zu vermitteln, sondern gefordert ist hier auch und vor allem das Elternhaus. Seiner Meinung nach besteht wenig Handlungsbedarf zum Einzelthema poltische Bildung, vielmehr muss dieses gesamtheitlich in den Unterricht eingebracht werden. - Und Thomas Wetter (SP, Beringen) ist es ein Anliegen, dass Demokratie nicht einfach gelehrt, sondern auch geübt wird.

Erziehungsdirektorin will sich auf schweizerischer Ebene dafür einsetzen

Erziehungsdirektorin Rosmarie Widmer Gysel nimmt die wertvollen Ratschläge aus der Diskussion gerne auf. Gleichzeitig macht sie aber darauf aufmerksam, dass es von Kanton zu Kanton unterschiedliche Lehrpläne gibt. Im Rahmen der Erarbeitung eines deutschschweizerischen Lehrplanes (HamoS) will sie sich dafür einsetzen, dass die Politik auch dort gebührend Beachtung finden wird.

Der Interpellant hört dies gerne. Er hat im Zuge der Diskussion auch erkennen können, dass viele Mitglieder im Rat seine Sorgen um die Demokratieerziehung teilen. Schule und die Politik sind gut beraten, sich dieses Themas ernsthaft und aktiv anzunehmen. - Das Geschäft ist eredigt.


Brauchen wir einen Wirtschaftsraum Nordschweiz?

Christian Amsler (FDP, Stetten) glaubt, im rauer gewordenen Wettbewerb der Kantone brauche es eine vermehrte Zusammenarbeit über die Kantonsgrenzen hinweg. Dabei macht für ihn eine Ausrichtung nach Westen durchaus Sinn. Angesichts des gemeinsamen Grenzanstosses nach Norden bietet sich dies geradezu an. Man soll die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die interkantonale Zusammenarbeit gestärkt und die Nordschweiz interkantonal und international als fortschrittlicher Standort mit liberalen Rahmenbedingungen positioniert werden kann.

Schon heute verschiedene Modelle von Zusammenarbeit

Volkswirtschaftsdirektor Erhard Meister erklärt, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit sei der Regierung ein grosses Anliegen. Deshalb bestehen schon heute diverse Zusammenarbeitsmodelle. Einen eigentlichen Wirtschaftsraum Nordschweiz gibt es heute noch nicht, obschon die Kantone in diesem Raum eine Gemeinsamkeit haben: die Grenze zu Deutschland. Im Dialog mit Deutschland haben sich in letzter Zeit in verschiedenen Themenbereichen Probleme ergeben (Flugproblematik, Verkehrsfragen usw.). Um sich diesen anzunehmen, hat die Schweizerische Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) eine entsprechende Arbeitsgruppe eingesetzt. Der Regierungsrat ist davon überzeugt, dass die schon heute vorhandenen Gremien genügen und es nicht noch einen weiteren Verbund braucht. Wir müssen eine Wirtschaftspolitik betreiben, die der ganzen Schweiz dient, und nicht Partikularinteressen vertreten.

Wahlschlager für die FDP....

Der Interpellant ist mit der regierungsrätlichen Antwort zufrieden. Dennoch beantragt er Diskussion. - Florian Keller (AL, Schaffhausen) bezeichnet den Vorstoss als eigentliches Wahlkampfthema. Ganz offensichtlich will von der FDP damit hier einfach Präsenz markiert werden, denn ein echtes Problem bildet das Thema nun wirklich nicht. - René Schmidt (ÖBS, Schaffhausen) hat das Gefühl, Vater des Gedankens sei hier die Absicht eines 'Kantons Nordschweiz'. Man will die Schweiz offensichtlich neu aufteilen. Er nennt andere Beispiele von möglicher Zusammenarbeit (Wirtschaftsförderungen, Kantonalbanken usw.), die tauglicher wären als ein Wirtschaftsraum Nordschweiz. - Bernhard Müller (SVP, Thayngen) tritt dafür ein, den wirtschaftspolitischen Kurs unserer Regierung auch in Zukunft weiterzugehen.

Steuerprivilegien für reiche Ausländer sind im Kanton Schaffhausen kein Problem

Interpellant Hans-Jürg Fehr nimmt Bezug auf die Bundesverfassung, wonach Schweizer und Ausländer gleich zu besteuern sind. Die heutige Praxis jedoch ist anders, indem man für reiche Ausländer eine Pauschalsteuer nach Aufwand kennt. Davon profitieren schweizweit rund 3500 Personen. Die effektiven Steuereingänge dieser Personen betragen bei der direkten Bundessteuer 60 bis 90 Mio. Franken, bei den Kantons- und Gemeindesteuern 170 bis 200 Mio. Franken. Das bedeutet, dass jeder Ausländer, der von der Pauschalbesteuerung profitiert, durchschnittlich nur zwischen 70`000 bis 80`000 Franken an Steuern bezahlt. Ein Betrag, der offensichtlich nicht mit der wirtschaftlichen Situation dieser Personen übereinstimmt. Schwerpunkt davon ist die Westschweiz.

300 Millionen Franken Steuereinnahmen von Ausländern

Finanzdirektor Heinz Albicker schickt voraus und freut sich, dass Bundesrätin Calmy Rey die Meinung der Finanzdirektorenkonferenz teile. Danach erläutert er dem Rat Sinn und Zweck der Pauschal- oder Aufwandbesteuerung.

Und Albicker weiter: Ohne das Instrument der Aufwandbesteuerung würde wohl ein Grossteil der rund 3`600 potenten ausländischen Steuerzahler ihren Wohnsitz nicht in der Schweiz haben, und in der Folge hätte die Schweiz auch die rund 300 Mio. Franken an direkten Steuereinnahmen nicht. (Weitere Ausführungen des Finanzdirektors zu diesem Thema veröffentlichen wir in unserer Donnerstag-Ausgabe).


Interpellant Fehr ist von der erhaltenen Antwort nur teilweise befriedigt. Er stellt Antrag auf Diskussion. Was das Thema Unternehmungsbesteuerung anbelangt, ist er zufrieden. Die Meldung der NZZ über die SP Schweiz in Brüssel war eine Fehlmeldung.

Was Sie geboten haben, Herr Albicker, war Wahlkampf pur, ich habe nur Fragen gestellt. - Die Zahlen im Kanton Schaffhausen zeigen, dass diese Grösse für uns in der Tat nur marginal ist. Man muss sich trotzdem aber fragen, wie viel wir dafür bezahlen wollen, nur um damit die Interessen von ausländischen Steuerflüchtlingen zu decken. Wen schützen Sie hier eigentlich, wenn Sie diese legale Praxis hier stützen? Die Folgen davon sind nämlich auch höhere Bodenpreise.

Thomas Hurter (SVP, Schaffhausen) übt scharfe Kritik an diesem Vorstoss. Die SP hat sich ganz offensichtlich die Steuern auf die rote Fahne geschrieben und will damit unser Steuerwesen untergraben. Auch in unserem Parlament sind ja bereits wieder zwei Vorstösse in dieser Richtung hängig. Vergessen Sie doch nicht, dass solche Leute bei uns auch Investitionen tätigen. Auch die Diskussion um teureren Wohnraum ist nicht unbedingt eine Folge der Steuern, sondern der bilateralen Abkommen. Und ob es die SP nun wahrhaben will oder nicht: die Steuern sind ein Faktor für die Wohnsitznahme. Setzen wir deshalb auf eine nachhaltige Steuerpolitik, die unseren Standort attraktiv macht. Und machen wir doch nicht nochmals den gleichen Fehler wie damals bei der Holdingbesteuerung.

Christian Heydecker (FDP, Schaffhausen) stellt sich voll hinter die Ausführungen des Regierungsrates.