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Schon im ersten Wahlgang alles entschieden
Schaffhauser Nachrichten, 29.08.2016 von Mark Liebenberg
Die FDP sichert mit Martin Kessler ihren zweiten Sitz in der Kantonsregierung. Das Volk übergibt den Kanton damit für weitere vier Jahre fest in bürgerliche Hände.
Es war einer der heissesten Sonntage dieses Sommers – wenn also der eine oder die andere ins Schwitzen kam gestern im Regierungsgebäude, dann war das allein der warmen Temperatur geschuldet. Denn sonst gab es wenig Schweisstreibendes bei dieser Gesamterneuerungswahl: Die Rangliste blieb seit Eintreffen der ersten Resultate aus den Gemeinden praktisch unverändert, bis Staatsschreiber Stefan Bilger um 14.55 Uhr das Endresultat verkündete. Auch dass alles im ersten Wahlgang entschieden werden würde, war früh klar. Zwei wiedergewählte SVP-Magistraten, ein bisheriger und ein neuer Freisinniger sowie ein abermals gescheiterter Versuch der SP, in der Regierung eine Doppelvertretung zu erreichen: Die Wähler haben gestern Nachmittag den Kanton fest in bürgerliche Hände übergeben.
Ins Schwitzen kam vor allem die FDP nicht, deren Neukandidat Martin Kessler einigermassen souverän die Ziellinie passierte. Als Viertplatzierter hinter den drei Bisherigen kam der KMU-Unternehmer auf 12 106 Stimmen. «Ich freue mich riesig und habe die feste Absicht, mich mit voller Kräften für den Kanton einzusetzen», sagte Kessler gestern. Es sei ein klares Zeichen, dass im Regierungsrat klare Entscheide fallen sollten, damit man den Kanton vorwärtsbringe.
Widmer Gysel mit Zuwachs
Viel war vor der Wahl über die Chancen der Linken geschrieben worden, einen zweiten Sitz in der Kantonsregierung zurückzuerobern. Gestern zerschlugen sich diese Träume. Der Begginger Physiklehrer Walter Vogelsanger beerbt den SP-Sitz mit einem guten Resultat vor allem auch auf dem Land. «Meine künftigen Regierungskollegen haben im Wahlkampf gesagt, sie hätten nicht die Parteipolitik, sondern das Wohl des ganzen Kantons im Blick. Daran werde ich sie bei Gelegenheit erinnern», sagt Vogelsanger über seine Rolle im neuen Regierungsgremium.
Problemlos schafften die bisherigen Regierungsräte die Wiederwahl, wenn es hier auch zu Verschiebungen kam: Das Spitzenresultat erzielte Volkswirtschaftsdirektor Ernst Landolt mit 15 451 Stimmen und nicht der vor vier Jahren Erstplatzierte, der Erziehungsdirektor Christian Amsler, der auf 14 858 Stimmen kam. Wenn man die höhere Wahlbeteiligung berücksichtigt, so war es jedoch Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel, die am meisten bei der Wahl zu ihrer vierten Amstzeit zulegte: Sie machte im Vergleich zu 2012 fast 2000 Stimmen wett.
Sie freut’s: «Das zeigt mir, das die Leute verstehen, dass es unsere Politik der gesunden Finanzen braucht, auch wenn es dafür bisweilen unpopulärer Entscheide bedarf.» Nach zwölf Jahren ist Widmer Gysel nun auch wieder die einzige Frau in der Regierung.
Ernst Landolt freute sich nicht nur über den Vertrauensbeweis, den er mit seinem Glanzresultat erzielte, sondern auch über das gute Abschneiden seiner beiden Regierungsratskollegen: «Das bestätigt mir, dass die Menschen im Kanton der Meinung sind, die drei Bisherigen hätten keinen schlechten Job gemacht und sich redlich um den Kanton bemüht.»
«Silber ist auch okay»
Christian Amsler grämte sich gestern nicht lange über den verlorenen Spitzenplatz. «Silber ist auch okay», meinte er. «Der heutige Tag ist ein Grund zur Freude darüber, dass Martin Kessler zu einem super Resultat gekommen ist.» Martin Kessler werde als «Mann der Vernunft» sehr gut in der Regierung mitziehen.
Die übrigen vier Kandidaten schieden aus. Zwar erreichte SP-Kandidat Kurt Zubler ebenfalls das absolute Mehr, landete aber auf dem sechsten Rang und war damit draussen.
Chancenlos waren die beiden AL-Kandidatinnen. Linda De Ventura machte 4731 Stimmen, Susi Stühlinger von der AL überholte am Ende noch den glücklosen grünen Kandidaten Jürg Biedermann (ÖBS). Der landete mit 3884 Stimmen auf dem letzten Platz. Die Stimmbeteiligung lag am höchsten in Beggingen (74,9 Prozent) und am tiefsten in Neuhausen am Rheinfall (49,3 Prozent). Im Durchschnitt betrug sie 59,1 Prozent.
Nicht geschafft Zubler und De Ventura
· Das absolute Mehr mit 10 431 Stimmen locker erreicht, aber als überzählig ausgeschieden istSP-Mann Kurt Zubler.«Am Schluss haben mir einfach Stimmen auf dem Land gefehlt», sagte er nach verlorener Schlacht. «Bei einer Majorzwahl ist es eben schwierig für uns, wenn die Bürgerlichen geschlossen mit vier Leuten antreten.» Deshalb hätten die linken Kräfte diesmal ja versucht, das Ganze etwas aufzubrechen. «Umso wichtiger ist jetzt, dass wir ein gutes Resultat im Parlament erzielen und so die Gewichte etwas verschieben können.» Unabhängig von seinem Abschneiden sei er überzeugt, dass eine ausgewogenere Vertretung der Bevölkerung in der Regierung besser gewesen wäre. «Ein Grund für die Blockade im Kanton ist die Vierzueins-Konstellation. Da muss man sich nicht wundern, wenn so wenig kompromissfähige Lösungen herauskommen», sagte Zubler.(lbb)
· Mit gut 4700 Stimmen hat Linda De Venturadas bessere Resultat der beiden AL-Kandidatinnen erzielt, aber die Wahl dennoch deutlich verpasst. «Es ist schon schade: Da lehnt die Bevölkerung alles, was von der Regierung an die Urne kommt, ab», sagte sie mit Blick auf die letzten gescheiterten Abstimmungen, «aber die Regierung selbst wird bei den Wahlen bestätigt.» Offenbar wolle Schaffhausen einfach keine Veränderung. Das Volk habe die Chance verpasst, junge Leute mit anderen Ansichten in die Regierung zu wählen und für einen Ausgleich zwischen Mann und Frau zu sorgen. Und nun? «Wir werden uns nun weiterhin im Kantonsrat wehren und Radau machen.» In vielen Fällen habe das Volk ihnen nämlich recht gegeben. «Es wäre super, wenn wir bei den Kantonsratswahlen zulegen könnten», sagte De Ventura.(zge)
Regierungsratswahlen Resultate auf einen Blick
In den Regierungsrat gewählt
Ernst Landolt (SVP)15 451
Christian Amsler (FDP)14 858
Rosmarie Widmer Gysel (SVP)13 915
Martin Kessler (FDP)12 106
Walter Vogelsanger (SP)11 373
Nicht gewählt
Kurt Zubler (SP)10 431
Linda De Ventura (AL)4731
Susi Stühlinger (AL)3960
Jürg Biedermann (ÖBS)3884
Absolutes Mehr 9412
Wahlbeteiligung 59,1 Prozent