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Regierungsratswahl als bunter Reigen
Neue Zürcher Zeitung, 24.08.2016 von Jürg Krummenacher
Im Kanton Schaffhausen ist am Sonntag die Exekutive neu zu besetzen – doch der Wahlkampf bleibt flau
Sechs Kandidierende streiten sich um zwei frei werdende Sitze in der Schaffhauser Regierung. Die SP greift dabei den zweiten FDP-Sitz an. Wichtigste Aufgabe der erneuerten Exekutive wird es sein, die Blockade der letzten Legislatur aufzubrechen.
Schaffhausen bevorzugt heisse Wahlkämpfe: Traditionell legt der Kanton die Gesamterneuerungswahl der Regierung auf Ende August, die Wahlkämpfe also in eine Zeit sommerlicher Aufwallung. Dennoch – oder deswegen – bleibt die politische Auseinandersetzung um die Plätze in der Exekutive flau. Einerseits ist das Stimmvolk weniger an Politik als an Ferien und sommerlicher Abkühlung im Rhein interessiert, anderseits gehen die Kandidierenden höchst pfleglich miteinander um. Dabei gäbe es dieses Jahr Grund genug für heftigen politischen Schlagabtausch: Zwei der fünf Regierungsmitglieder sind zurückgetreten und müssen ersetzt werden, zudem fällt die Bilanz der Schaffhauser Exekutive ernüchternd aus. Wäre sie ein Trainergespann im Fussball, würde sie wohl in globo ersetzt.
Denn in Schaffhausen hat sich in den letzten Jahren ein Graben zwischen Stimmvolk sowie Regierung und Parlament aufgetan. Die letzten fünf Jahre fielen sämtliche einigermassen bedeutenden Vorlagen vor dem Stimmvolk durch, zuletzt Anfang Juli alle zur Abstimmung gelangenden Teile eines Entlastungspakets für den Staatshaushalt. Eine Strukturreform blieb ebenfalls ohne Chance.
Die Politik wieder einmitten
Das hat einerseits damit zu tun, dass es der Regierung intern und insbesondere gegenüber dem Parlament nicht gelang, überzeugende Kompromisse zu schmieden. Anderseits gründet es im paradoxen Verhalten der Schaffhauser Wählerschaft, die mehrheitlich bürgerliche Politiker wählt, aber deren Politik nicht mitträgt. Ziel der Wahlen am kommenden Sonntag in die Regierung wie einen Monat später in den Kantonsrat muss es somit sein, die Schaffhauser Politik wieder einzumitten, die Akteure und die Wählerschaft einander näherzubringen.
Nach den Rücktritten von Ursula Hafner-Wipf (sp.) und Reto Dubach (fdp.) stellen sich drei der fünf bisherigen Regierungsmitglieder zur Wiederwahl: Rosmarie Widmer Gysel und Ernst Landolt (beide svp.) und Christian Amsler (fdp.). Ihre Wiederwahl scheint, trotz der schlechten Bilanz, nicht gefährdet. Drei bürgerliche Sitze sind unbestritten, ebenso der eine Sitz der SP.
SP will Sitz zurück
Die Ausmarchung konzentriert sich somit auf den Zweikampf zwischen FDP und SP um das fünfte Regierungsmandat: Die FDP will ihren zweiten Sitz behalten, den sie der SP vor nunmehr 15 Jahren abgeluchst hat, die SP möchte ihn endlich zurück. «Schaffhausen will mehr», heisst es auf den Wahlplakaten der SP-Kandidaten. Die eigentliche Botschaft indes lautet: «Die SP will mehr.» Gewisse Chancen auf den zweiten Regierungssitz sind ihr mit Blick auf die Kräfteverhältnisse im Parlament nicht abzusprechen: Die Bürgerlichen stellen drei Fünftel der Kantonsräte, Rot-Grün zwei Fünftel. Gut möglich aber auch, dass sich letztlich die beiden SP-Kandidaten um den einen SP-Sitz balgen.
Für die FDP stellt sich Martin Kessler zur Wahl, ein KMU-Unternehmer, für die SP steigen Walter Vogelsanger und Kurt Zubler ins Rennen. Alle drei sitzen im Kantonsrat. Chancenlos dürften die drei weiteren Kandidaturen sein, die die Wahl zum bunten Reigen machen und womöglich einen zweiten Wahlgang bewirken: Susi Stühlinger und Linda De Ventura von der Alternativen Liste und Jürg Biedermann von der Ökoliberalen Bewegung Schaffhausen.