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Prämienverbilligung wird nicht reduziert

Schaffhauser Nachrichten, 07.04.2016

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Kürzung der Prämienverbilligung: So haben die Gemeinden abgestimmt. Karte SN

Mit 55,5 Prozent Nein lehnt es der Kanton ab, bei der Prämienverbilligung zu sparen. Völlig überraschend ist dieses Verdikt nicht.

Über fünf Vorlagen aus dem Entlastungsprogramm 2014 hat der Kanton gestern abgestimmt. Am wichtigsten war dabei die Frage, ob die Beiträge an die Krankenkassenprämie gesenkt werden sollen. Bei einem Ja hätte der Kanton jährlich 2,4 Millionen Franken einsparen können, die Gemeinden sogar 4,2 Millionen Franken. Zum Vergleich: Alle fünf Vorlagen zusammen sollten den Kanton um 5,2 Millionen Franken entlasten, die Gemeinden um 6,1 Millionen.

Doch diese Sparpläne sind nun durchkreuzt worden. Das Volk hat alle fünf Vorlagen abgeschmettert. Um 12.38 Uhr, als Hallau als letzte der 26 Schaffhauser Gemeinden seine Resultate ins Regierungsratsgebäude schickte, ergab die Zählung bei der Reduktion der Prämien ein klares Resultat: 13 645 Nein beziehungsweise 55,5 Prozent der Stimmen gegen 10 958 Ja beziehungsweise 44,5 Prozent.

Das Nein hatte sich früh abzuzeichnen begonnen. Zwar waren die Lager nach der Auszählung der ersten Gemeinden noch ausgeglichen, für eine kurze Zeit lagen sogar die Befürworter vorn. Doch im Wissen darum, dass die beiden grössten Gemeinden, Schaffhausen und Neuhausen, eher links abstimmen würden, war bald klar, dass die Revision scheitern würde.

Völlig überraschend war dieses Nein nicht. Erstens beziehen 31 Prozent der Einwohner Prämienbeiträge. Sie haben ein grosses Interesse daran, eine Senkung abzuwenden. Zweitens hatte es vor wenigen Jahren schon einmal eine Abstimmung mit gleichem Ausgang gegeben: Im November 2012 hatte der Kanton eine Initiative der Alternativen Liste (AL), welche sich gegen eine Senkung der Prämienbeiträge wandte, mit 53,3 Prozent Ja-Stimmen angenommen. Es war davon auszugehen, dass die damaligen Gegner von tieferen Prämien dreieinhalb Jahre später ihre Meinung nicht geändert hatten und deshalb die neuen Prämiensenkungspläne ebenfalls ablehnen würden. Nun ist das Verdikt noch deutlicher ausgefallen, das Gegnerlager hat sogar noch zwei Prozentpunkte zulegen können.

Auf die andere Seite gewechselt

Bemerkenswert ist dabei, wie viele Gemeinden das Lager gewechselt haben: 2012 stimmten nur gerade 8 von damals 27 Gemeinden gegen eine Senkung der Prämienverbilligung. Die In- itiative kam damals nur durch, weil grosse Gemeinden wie Neuhausen und Schaffhausen dahinterstanden. Gestern aber haben 18 von 26 Gemeinden tiefere Prämienbeiträge abgelehnt. Bei den acht Befürwortern handelte es sich vor allem um Gemeinden mit vielen wohlhabenden Einwohnern wie Dörf­lingen oder Stetten, welche nicht von der Prämienverbilligung profitieren, sie aber über die Steuerrechnung finanzieren. Ihnen dürfte der Slogan der AL-Kampagne von 2012, «Reiche besteuern statt Prämien verteuern!», noch in den Ohren geklungen haben.

In zwei Abstimmungen innert weniger Jahre hat das Volk eindeutig klargemacht, dass der Kanton bei der Prämienverbilligung nicht sparen soll. Somit ist dieses Thema wohl für längere Zeit abgehakt.

Reaktionen   Zur Ablehnung der Reduktion der Prämienverbilligungen

(Marc Liebenberg)

Eine grosse Genugtuung sei das Volksverdikt zu den Prämienverbilligungen für die AL, sagt Kantonsrätin Susi Stühlinger:«Es zeigt sich sehr deutlich, dass das Volk in diesem Bereich keine Abstriche machen will – und dies sogar mit noch höherer Zustimmung als im Jahr 2012 bei unserer Volksinitiative.» Damals hatten 53 Prozent der Fixierung der Prämienverbilligung zugestimmt. Klar sei: «Die Prämienverbilligungen im Kanton werden so schnell nicht mehr angelangt.» Jetzt müssten die Regierung und die Bürgerlichen über die Bücher und bessere Sparvorschläge bringen. «Oder die Steuern erhöhen, wie wir es von Anfang an befürwortet haben.» Sie sieht nicht die Linken in der Pflicht, hier Vorschläge zu machen, denn: «Es sind nicht wir, die so gründlich am Volk vorbeipolitisiert haben.»

«Wir bedauern es ausserordentlich, dass diese minimale Reduktion abgelehnt wurde», sagt Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel. Damit entgehe vor allem auch den Gemeinden eine happige Einsparung von 4,2 Millionen Franken jährlich. Damit gehöre der Kanton Schaffhausen also weiterhin zu jenen Kantonen, die am meisten an die Krankenkassenprämien bezahlten. «Offenbar wollen die Stimmbürger diese Ausgestaltung, die zu den grosszügigsten der Schweiz gehört», sagt die Regierungsrätin. Entsprechend seien denn jetzt wieder das Parlament und das Volk in der Pflicht, zu schauen, wie man dies letztlich finanzieren könne. «Das wird die grosse Herausforderung, die jetzt zu bewältigen ist.» Auch die permanente Anhebung des Steuerfusses sei daher auf dem Tisch.

«Zwischen Enttäuschung und Ratlosigkeit» schwanke er, räumte der Fraktionschef der FDP im Kantonsrat, Thomas Hauser, ein: «Offenbar haben die Slogans der Gegner verfangen.» Dass nun nach 2012 schon zum zweiten Mal eine Mehrheit für eine Regelung stimme, von der mittlerweile ein Drittel der Bevölkerung profitiere, sei ihm ein Rätsel. «Es ist mir schleierhaft, wie wir das finanzieren wollen», sagt Hauser. Offensichtlich sei es den Befürwortern einer massvollen Regelung nicht gelungen, dem Volk die Konsequenzen einer Ablehnung der Revision plausibel zu machen. Welche Konsequenzen die FDP (die als einzige Partei fünfmal Ja zu den Abstimmungsvorlagen sagte) daraus ziehe, müsse man sorgfältig anschauen. «Wir haben Hand geboten für vernünftige Kompromisse.»(lbb)

Abstimmungen Fünf Nein im Überblick

·Kürzung Prämienverbilligung ­Abgelehnt mit 55,5 Prozent Nein-Stimmen. Nur einige kleine Gemeinden stimmten zu.

·Höhere Steuern für Ehepaare Abgelehnt mit 67,3 Prozent Nein-Stimmen. Keine einzige Gemeinde war dafür.

·Steuererhöhung für KapitalbezügeAbgelehnt mit 60,3 Prozent Nein. Auch hier war kein einzige Gemeinde dafür.

·Tiefere Beiträge an PflegekostenAbgelehnt mit 57,4 Prozent Nein. Nur zwei Gemeinden waren dafür.

·Kostenpflichtige Freifächer Abgelehnt mit 52,2 Prozent Nein. Mehrheit der Gemeinden dafür, aber Stadt gab den Ausschlag.