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Niemand weiss, wie es weitergeht

Schul- und Bildungsgesetz wurden abgelehnt. Was machen die Fraktionen?

schaffhauser az, 02.12.2009 von Bea Hauser

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Mit nicht geahnter Deutlichkeit lehnten die Schaffhauser Stimmberechtigten das neue Bildungsgesetz und die Revision des Schulgesetzes ab. Aber wie soll es nun weitergehen? Die Fraktionen sind uneins. Das Erziehungsdepartement setzt eine Arbeitsgruppe für die Weiterentwicklung ein.

Man fragt sich auch als Wochenzeitung nach der gescheiterten Abstimmung über das Bildungs- und Schulgesetz, wie es weitergehen soll, zumal diese Zeitung auch die Nein-Parole ausgegeben hat. Es liegt auf der Hand, dass wir Eduard Joos und Hans Rudolf Meier vom Gegenkomitee ansprachen, welche Überlegungen sie nun anstellen. Eduard Joos mailte, gefragt seien jetzt wohl eher der Kantonsrat, die Regierung und die Vorsteherin des Erziehungsdepartements und nicht das Komitee gegen das Schulgesetz. «Ich bin als Privatperson jetzt auch ausserhalb des parlamentarischen Getriebes. Also frage ich mich wirklich, ob wir jetzt diejenigen sind, die Richtlinien bekanntgeben müssen», schrieb Joos weiter. Zudem habe man ihn und Hans Rudolf Meier in den vergangenen vier Wochen nun wirklich zur Genüge gesehen, gehört und gelesen; jetzt seien andere dran.
Auf der Homepage «Nein zum neuen Schulgesetz» steht aber trotzdem ein Kommentar von Eduard Joos zur Weiterentwicklung. Erst heisst es: «Das Schaffhauser Stimmvolk hat eine weise Entscheidung gefällt, sie macht den Weg frei für sinnvolle Lösungen. Vom Tisch sind mit Sicherheit die befohlenen Schulzweckverbände unter Führung von Rektoren, sie sind ebensowenig mehrheitsfähig wie das Verbot der Gemeindezulage an Lehrerlöhne. Die Schulreform muss aber weitergehen.»

Die Sofortmassnahmen
Als Sofortmassnahmen schlägt das Komitee vor, die unbestrittenen Tagesstrukturen, die geleiteten Schulen und die integrative Schulform innert maximal zwei Jahren anzupacken. Zum ersten Punkt schlägt das Komitee vor, die Basis für Kostenbeteiligung des Kantons an Tagesstrukturen sei geschaffen, wenn die beiden entsprechenden Artikel des abgelehnten Schulgesetzes in das bestehende Schulgesetz übernommen würden. Wenn es dafür im Kantonsrat eine Vierfünftelmehrheit gebe, sei sogar eine Volksabstimmung überflüssig. Zudem hofften die grossen Gemeinden mit Schulleitungen auf eine rasche gesetzliche Grundlage für die Beteiligung des Kantons an Ausgaben für Schulleiter. Die einfachste Lösung, so das Komitee, wäre vorerst, der Kanton würde 43,5 Prozent der Gehaltskosten wie bei Lehrergehältern zahlen. Bei der integrativen Schulform habe sich die Skepsis bei Eltern und Lehrern, sowohl von intelligenten wie benachteiligten Schülerinnen und Schülern, im Abstimmungskampf deutlich verstärkt, schreibt Eduard Joos für das Komitee. Da sei eine Nachbesserung der vorgeschlagenen Rahmenbedingungen dringend nötig, beispielsweise durch eine markantere Senkung der Klassengrössen auf 16 bis 18 Schülerinnen und Schüler.

Die Fernziele
Der Kanton müsse in den nächsten zwei bis fünf Jahren das Schulgeld für alle Gemeinden festlegen, die Schüler in Nachbargemeinden senden würden. Damit ist die Schülerpauschale gemeint. Dabei seien die Infrastrukturkosten angemessen zu berücksichtigten. Eduard Joos fordert zudem eine Neuordnung der Finanzströme zwischen Kanton und Gemeinden bezüglich der Schule - das habe das abgelehnte Schulgesetz überhaupt nicht gemacht. Er schlägt vor, der bisherige Kostenteiler von 43,5 zu 56,5 Prozent an Lehrergehältern in Verbindung mit dem Anteil an der Bildungslast im Finanzausgleich zu bringen. «Die heutigen Finanzströme müssen durch ein besseres System abgelöst werden», hält Joos auf der Website fest.
Was sagt nun Erziehungsdirektorin Rosmarie Widmer Gysel zur Ohrfeige der Schaffhauser Stimmberechtigten? Immerhin hat keine einzige Gemeinde dem Schulgesetz zugestimmt, und das Bildungsgesetz fand nur knapp Gnade (mit einer Mehrheit von 23 Stimmen!) in Neuhausen. «Natürlich bin ich enttäuscht, aber der Entscheid ist zu akzeptieren», er klärt sie. Sie stimmt mit den Gegnern überein, dass die guten Punkte - nochmals: Tagesstrukturen, geleitete Schulen, integrative Schulform - erhalten bleiben sollten. Im Erziehungsdepartement (ED) sei nun eine Arbeitsgruppe damit beschäftigt, herauszufinden, wie es weitergehen soll, meint Widmer Gysel. Aber sie bleibt dabei: «Wie soll eine kleine Gemeinde mit zwölf Kindern Tagesstrukturen finanzieren?» Dazu brauche es eine gewisse Grössenordnung. Zudem müsse eine gewisse Chancengerechtigkeit bestehen, und es widerstrebe ihr, dass es die nun für kleine Gemeinden nicht geben werde.

Und die Fraktionen?
Am Montagabend haben sich die im Kantonsrat vertretenen Fraktionen zu ihren jeweiligen Sitzungen getroffen, an denen das abgelehnte Schulgesetz selbstredend Thema war. Martina Munz, Fraktionspräsidentin von SP/AL, teilt mit, dass sich die SPBildungsgruppe in der nächsten Woche treffen und das weitere Vorgehen beschliessen werde. Die Gruppe wird geleitet von Werner Bächtold, der zum ProKomitee gehörte. Zudem hat die linksgrüne Fraktion eine Medienmitteilung versandt, in der sie schreibt, die Ablehnung des Schulgesetzes mache den Weg frei, um «die bekannten Mängel der bisherigen Vorlage zu beheben». Die Fraktion unterstütze neben den erwähnten guten Punkten auch eine Reform der Schule, die sich nicht gegen berechtigte Anliegen der Gemeinden oder der Lehrkräfte richte.
Die FDP/JFDP/CVPFraktion wird von Christian Amsler präsidiert. Die FDP hat das abgelehnte Schulgesetz noch am einheitlichsten unterstützt. Es gebe ja, so Amsler, die Variante, rasch Einzelvorlagen zu bringen oder das ganze Gesetz nochmals zu beraten und die Stolpersteine herauszunehmen. «Da ist man sich nicht überall einig, was nun der richtige Weg ist», hält Amsler fest. Allerdings unterstreicht er auch, dass die FDP Schnellschüsse als Zeichen einer falschen Hektik als verfehlt anschaue. Trotzdem hat Kantonsrätin Elisabeth Bührer (FDP, Thayngen) schon eine Interpellation eingereicht. Sie verlangt vom Regierungsrat zu wissen, welche Sofortmassnahmen für die Stadt Schaffhausen geboten werden können, wenn die Versuchsphase der teilautonom geleiteten Schulen zu Ende geht. Eine weitere Frage betrifft die integrative Schulform ISF. «Im Laufe des Abstimmungskampfes zeigte sich immer klarer, dass die integrative Schulform so, wie vorgeschlagen, umstritten ist. Ist der Regierungsrat bereit, die Rahmenbedingungen von ISF zusammen mit den Lehrpersonen nochmals zu überprüfen», fragt Kantonsrätin Bührer. Dazu schlägt sie einen breit abgestützten Runden Tisch vor.
Der Thaynger Lehrer Heinz Rether von der ÖBS/EVPFraktion lässt uns wissen, dass das ED grundsätzlich bald bekanntgeben müsste, in welche Richtung es weitergehen soll. «Dort ist die Bildungsentwicklung positioniert, und von dort sollte eigentlich auch ein Plan B angeregt werden», schreibt Kantonsrat Rether. Seine Fraktion fände es der Sache dienlich, wenn vorgängig ein Runder Tisch stattfinden würde, um die gemeinsamen Nenner zu definieren. Auch die ÖBS/EVP finden die Tagesstrukturen, geleitete Schulen und integrative Schulformen sinnvoll. Heinz Rether sagt weiter, der kostenintensive Überbau mit Rektoren, Schulrat und vom Kanton regulierten Schulverbänden sei ebenso gestorben wie die durch das Bildungsgesetz angestrebte Machtkonzentration im ED.
Von Gottfried Werner, Fraktionspräsident der SVP/JSVP/EDU, war zu erfahren, dass aus seiner Fraktion vorerst keine Vorstösse kommen. «Wir möchten dieses Thema in Ruhe angehen, ohne Schnellschüsse», meint er.

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