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Nicht am Ast sägen, auf dem wir sitzen

Schaffhauser Nachrichten, 03.06.2007 von Erwin Künzi

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Kommentar

Über eine Stunde hat sich gestern der Kantonsrat über die oft nicht vorhandene politische Bildung unserer Jugendlichen unterhalten. «Haben die nichts Gescheiteres zu tun?», mag da manch einer fragen. Die Frage ist völlig fehl am Platz, überlegt man sich die Auswirkungen, die ein solches Manko auf unsere Gesellschaft haben kann und die in der gestrigen Debatte verschiedentlich angeführt worden sind.
Die 68er-Generation war die letzte, die in grossem Ausmasse politisiert worden ist, wobei dies nicht in erster Linie an den Bemühungen der Schulen und Universitäten lag, sondern am Krieg in Vietnam. Später sorgte die Anti-AKW-Bewegung noch einmal für einen Politisierungsschub vieler Jugendlicher, doch seither herrscht mehr oder weniger Ruhe. Das eigene berufliche Fortkommen steht im Vordergrund, weniger das Engagement für die Gesellschaft.
Dabei den Jugendlichen einen Vorwurf zu machen wäre völlig verkehrt, denn ihnen fehlen oft die Vorbilder in der Familie. Das Elternhaus in der Form, wie es sich der von Rosmarie Widmer Gysel zitierte Professor wünscht, «wo gemeinsam gegessen und auch über Politik diskutiert und Zeitung gelesen wird», existiert immer weniger.
Zwar besteht die Verantwortung des Elternhauses in Sachen politische Bildung nach wie vor, wie gestern verschiedentlich betont wurde. Weil aber die Zeiten sich geändert haben, kommt der Schule eine gesteigerte Bedeutung zu. Wie sie Kinder Demokratie erleben lassen kann, wurde gestern ebenfalls erwähnt: mit Schulräten, die über die Gestaltung von Pausenplätzen debattieren und entscheiden, und anderem mehr, zusätzlich zum eigentlichen Unterricht, in dem über die Aufgaben des Bundesrats informiert wird. Tun wir nichts, um den politischen Bildungsstand unserer Jugend zu verbessern, sägen wir am Ast, auf dem wir sitzen, oder, mit anderen Worten, wir lassen die Grundlagen unserer Demokratie verlottern.

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