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Neue Grundlage für die Berufsbildung
Schaffhauser Nachrichten, 22.12.2005 von Walter Joos
Die Berufsbildung soll nach dem Willen der Regierung im Kanton Schaffhausen eine neue rechtliche Basis erhalten.
Die eidgenössischen Räte sind nach wie vor für die Gestaltung des im Bereich der Berufsbildung notwendigen rechtlichen Rahmens zuständig. Für die praktische Ausgestaltung des Berufsbildungswesens überlassen sie jedoch den Kantonen einen angemessenen Handlungsspielraum. Dies stellte Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel zu Beginn der gestrigen Medienorientierung über die Vorlage zum Erlass eines neuen Einführungsgesetzes zum Berufsbildungsgesetz fest. Die Mitglieder der Regierung haben den entsprechenden Entwurf am vergangenen Dienstag zuhanden des Kantonsrates verabschiedet. Die neuen recht- lichen Grundlagen sollen nach Möglichkeit auf den 1. Januar 2007 in Kraft gesetzt werden.
Veränderte Berufsbilder
Mit dem seit dem 1. Januar des letzten Jahres geltenden neuen Bundesgesetz über die Berufsbildung soll laut Aussage der Vorsteherin des Erziehungsdepartementes in erster Linie die berufliche Handlungsfähigkeit der heranwachsenden Generation gefördert und ihre Qualifizierung für den Arbeitsmarkt sichergestellt werden. Der fortschreitende Strukturwandel in Industrie und Gewerbe, die damit verbundenen steigenden Anforderungen an die Berufsleute sowie veränderten Berufsbilder und Qualifikationsformen haben die Bundesbehörden ebenfalls zu einer Anpassung der rechtlichen Grundlagen für die Berufsbildung veranlasst. Auf Grund der vom Bund erlassenen Übergangsbestimmungen müssen die heute bestehenden Bildungsverordnungen sowie die von den Kantonen erlassenen Ausführungsgesetze innerhalb der nächsten vier Jahre an die neuen Vorgaben des Bundes angepasst werden. Der Kanton Schaffhausen hat sich dieser Aufgabe vergleichsweise rasch angenommen. Er ist als einer der ersten Stände in der Lage, dem Parlament eine ausgereifte Vorlage zur Schaffung einer neuen rechtlichen Basis für die Berufsbildung zu unterbreiten. «Wir wollen mit dem neuen Gesetz den uns vom Bund gewährten erweiterten Handlungsspielraum nutzen», erklärte Rosmarie Widmer Gysel bei der Erläuterung der wesentlichen Schwerpunkte des regierungsrätlichen Entwurfs (siehe Kasten). Dazu gehören etwa die gesetzliche Verankerung der bestehenden Brückenangebote, die neue Positionierung der Weiterbildung sowie die auf Leistungsvereinbarungen basierende Finanzierung von Schulen mit privater Trägerschaft. Grossen Wert legt die Vorsteherin des Erziehungsdepartementes auch auf die Vertiefung der bewährten Partnerschaft mit den Organisationen der Arbeitswelt sowie der Zusammenarbeit mit den benachbarten Kantonen.
Breit abgestützter Konsens
Die regierungsrätliche Vorlage basiert laut Aussage von Departementssekretar Raphaël Rohner auf einem breit abgestützten Konsens. Sie stiess im Rahmen der Vernehmlassung bei allen beteiligten Organisationen auf breite Zustimmung. Die Verfasser der neuen Bestimmungen bemühten sich gemäss den Erläuterungen von Rechtsberaterin Christine Thommen um unbürokratische Regelungen und eine für alle verständliche Sprache. Auch Rolf Dietrich zeigte sich gestern von der Zweckmässigkeit der neuen rechtlichen Grundlagen überzeugt. In finanzieller Hinsicht geht der Chef des Berufsbildungsamtes allerdings davon aus, dass die Kosten der Berufsbildung auf Grund des neuen Systems von heute etwas über 20 auf rund 21 Millionen Franken pro Jahr ansteigen werden.
Bild Eric Bührer
Vorstellung auf dem Herrenacker: Christine Thommen, Raphaël Rohner, Rolf Dietrich sowie Rosmarie Widmer Gysel (von links nach rechts) erläutern den neuen rechtlichen Rahmen für die Berufsbildung.
Schwerpunkte der Gesetzesvorlage:
Bekenntnis zum bewährten partnerschaftlichen Ausbildungssystem mit Lehrbetrieben und Berufsfachschulen.
Die Berufsbildung bleibt nach wie vor eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Kanton sowie den Organisationen der Arbeitswelt.
Der Auftrag zur aktiven Weiterentwicklung der Berufsbildung, zur Förderung der Chancengleichheit der Geschlechter und zur Durchlässigkeit innerhalb des Berufbildungssystems wird gesetzlich verankert.
Berufsvorbereitungsjahre (so genannte Brückenangebote) werden in Zukunft vom Bund mitfinanziert.
Die Erlangung eines eidgenössischen Fähigkeitsausweises setzt in Zukunft eine mindestens drei Jahre dauernde Berufsbildung voraus.
An die Stelle der bisherigen Anlehre treten Ausbildungsgänge, die mit einem eidgenössischen Berufsattest abgeschlossen werden.
Die höhere Berufsbildung umfasst in Zukunft höhere Fachprüfungen sowie höhere Fachschulen. Die Kunst-, Gesundheits- und Sozialberufe werden vollständig in das neue Berufsbildungssystem integriert.
Die Rolle der Kantone wird durch den grösseren Handlungsspielraum im Vollzug gestärkt.