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Man geht bis hart ans Limit und krebst dann zurück

Schaffhauser Nachrichten, 30.04.2011 von Zeno Geisseler

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Der Marschhalt der Regierung bei den Plänen zur Steuersenkung kommt bei den Parteien unterschiedlich an. Ein Überblick.

Die Schaffhauser Regierung hat ihre neuen Steuersenkungspläne auf Eis gelegt, weil sich die Finanzlage verändert hat (die SN berichteten). In den Parteien wird dieser Kurswechsel unterschiedlich aufgenommen. Noch vor Ostern hatten sich FDP und Jungfreisinnige kritisch geäussert (siehe SN vom Ostersamstag), jetzt haben die anderen Parteien nachgedoppelt. «Alt Regierungsrat Meister hat jeweils davor gewarnt, Schnellschüsse nach aussen zu tragen und ein negatives Bild zu kreieren, welches sich für die Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung des Kantons verheerend auswirken könnte», sagt SVP-Präsident Werner Bolli. «Seriöse Problemlösung und anschliessende Kommunikation waren selbstverständlich. Dieses Feingefühl scheint der jetzigen Regierung völlig abhanden gekommen zu sein.»

«Ein Affront»

Die SVP stört sich auch am Vorgehen der Regierung: «Das Geschäft liegt bereits in der Spezialkommission, dort hätte die Regierung Bedenken und Vorschläge einbringen können, und in konstruktiver Zusammenarbeit zwischen Regierung und Kantonsrat hätte man das Programm anpassen, verzögern und im Idealfall etappieren können», sagt Bolli. Stattdessen hätten die Kantonsräte die Neuigkeit aus der Zeitung erfahren. «Das vorgängige Gespräch mit Parteien oder Fraktionen wurde nicht gesucht. Das kann es nicht sein, Zusammenarbeit stellt man sich anders vor.» Dem stimmt auch CVP-Präsident Christian Di Ronco zu: «Das ist ein Affront gegenüber dem Parlament und dessen Arbeit. Die CVP hätte zumindest erwartet, dass die Regierung oder die Departementsvorsteherin die Kommissionsmitglieder über den geplanten Rückzug informiert. Das war anscheinend nicht der Fall.» SP-Präsidentin Martina Munz wiederum weist darauf hin, dass die SP/AL-Fraktion die Steuersenkungspläne von Anfang an kritisch betrachtet habe: «Die Vorlage kam zu einer Zeit, als alle finanzpolitischen Ampeln bereits längst auf Rot standen», sagt sie. Munz kritisiert insbesondere Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel: «Ihr war zum Zeitpunkt, als die Steuervorlage an den Kantonsrat ging, längst bekannt, dass beispielsweise die Gewinnausschüttung der Nationalbank massiv kleiner ausfallen würde als in den Vorjahren. Im Weiteren war auch der Gewinneinbruch bei der Axpo schon länger bekannt und voraussehbar.» Am meisten aber lasse der Rückgang der kantonalen Steuereinnahmen bei den natürlichen und juristischen Personen aufhorchen. «Die letzten Steuergesetzrevisionen», sagt Munz, «wurden immer damit verkauft, dass die Steuerentlastung zu Mehreinnahmen führen werde. Diese Rechnung ist nicht aufgegangen! Diese Fehleinschätzung wurde glücklicherweise noch publik, bevor uns dieses immer gleiche Argument erneut vorgegaukelt wurde.» Ins gleiche Horn stösst auch die Alternative Liste: «Die erneuten Steuersenkungen wären finanziell nicht verkraftbar gewesen», sagt AL-Kantonsrat Florian Keller. Er fragt sich, warum der Regierungsrat erst so spät realisiert habe, dass eine Entlastung finanziell nicht drinliege. «Die Regierung denkt sehr kurzfristig», sagt Keller. «Man geht bis hart ans Limit und krebst dann zurück, wenn es nicht aufgeht.» Das sei wie im Stop-and-go-Verkehr: «Man lässt den Motor aufheulen, gibt Vollgas und bremst wieder scharf ab.» Das sei nicht vertrauensbildend.

«Vorgehen unkonventionell»

ÖBS-Präsidentin Iren Eichenberger hingegen kann dem Marschhalt auch Positives abgewinnen: «Der Rückzug war die einzige Möglichkeit, eine Fehlleistung mit fatalen Konsequenzen auf längere Zeit im letzten Moment zu stoppen. Wie hätten die Gemeinden ihre gebundenen Ausgaben, vor allem im Betreuungs- und Pflegebereich, aber auch steigende Sozialausgaben als Folge der Zunahme ausgesteuerter Arbeitsloser bei 12 Millionen Franken Einnahmenverlust finanzieren sollen?» Allerdings wundert sich Eichenberger auch über die überraschende Ankündigung: «Das Vorgehen der Regierung ist in der Tat sehr unkonventionell. Offenbar ist sie über ihre eigene Kühnheit erschrocken. Man wird den Verdacht nicht los, dass die weit tiefer als erwartet liegenden Steuereinnahmen bei den Privatpersonen (nämlich -34 Mio.) sogar eine willkommene 'Ausstiegshilfe' waren.» Über die nächsten Schritte sind sich die Parteien uneinig. Während die linken Parteien eine Abkehr von der aus ihrer Sicht verfehlten Steuerstrategie fordern, wollen die Mitte- und Rechtsparteien so rasch wie möglich wieder auf diesen Pfad zurückkehren. Diskutiert werden soll das weitere Vorgehen nach dem Willen der Regierung allerdings erst, wenn der Finanzplan 2012-2015 steht.

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