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Lohnmotion chancenlos
Schaffhauser Nachrichten, 13.11.2012
Von Gesetzes wegen jährlich mehr Lohn für die Staatsangestellten haben die Unterzeichner einer Volksmotion verlangt. Vergebens.
Viele Staatsangestellte sind mit dem Lohnsystem des Kantons nicht zufrieden. Fast 900 Personen haben eine Volksmotion unterzeichnet, welche eine Anpassung des Personalgesetzes verlangt. Mitarbeiter mit zufriedenstellenden und guten Leistungen sollen einen gesetzlichen Anspruch auf mehr Lohn erhalten.
Vor zwei Wochen hat der Kantonsrat mit der Beratung des Begehrens begonnen, gestern ist es zum finalen Verdikt gekommen. «Bei angespannter finanzieller Lage wird gekürzt oder gestrichen. Und bei guter Lage heisst es sofort, ‹wir dürfen das Pflänzlein nicht abwürgen›, und es wird wieder gekürzt», sagte Daniel Fischer (SP, Schaffhausen). «Es wurde immer gesagt, dass man die Leistung der Mitarbeitenden besser entlöhnen wolle», ergänzte Jürg Tanner (SP, Schaffhausen). «Doch es hat sich gezeigt, dass entweder die Zahlen falsch waren oder das Lohnsystem so kompliziert ist, dass es nicht einmal das Personalamt versteht.» «Die Mitarbeiterbeurteilung ist ein willkürliches Instrument, das primär Sparvorgaben umsetzt», sagte Urs Capaul (ÖBS, Schaffhausen). Richard Bührer (SP, Thayngen) brachte konkrete Zahlen ins Spiel: «Ob die Qualifikation sehr gut oder genügend ist, macht bei einem Monatslohn von 5000 Franken vielleicht einen Unterschied von zehn Franken aus.» Da könne man die aufwendige Qualifikation der Mitarbeiter gleich abschaffen und die Lohnsumme gleichmässig verteilen. «Das System suggeriert, dass der Einzelne bei guter Leistung eine Entwicklung hat, die bei guter bis sehr guter Leistung auch mal zum Maximum führt», sagte Thomas Wetter (SP, Beringen). «Aber das System funktioniert nicht.» Sollte der Rat die Motion nicht überweisen, werde das Personal sicher nicht Ruhe geben, warnte er. Patrick Strasser (SP, Neuhausen) ergänzte, dass seit 2005 zehn Millionen Franken ausgegeben worden seien, um neue Polizisten auszubilden. Dies in erster Linie, weil es angesichts des tiefen Lohnes Abgänge gegeben habe. Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel hingegen bekräftigte nochmals, dass die Volksmotion keine gute Idee sei: Zwar sei richtig, dass für die Lohnentwicklung in den letzten Jahren nicht genügend Geld zur Verfügung gestanden sei, aber es liege ja am Kantonsrat, die entsprechenden Gelder zu sprechen. Am System selbst sei nichts falsch. Lorenz Laich (FDP, Dörflingen) äusserte sich als einziger bürgerlicher Vertreter zur Volksmotion. Es sei problematisch, wenn Lohnansprüche gesetzlich festgehalten würden. In der Privatwirtschaft gebe es so ein System nicht. Es sei zynisch, von einer gesetzlichen Anspruchshaltung zu sprechen. In der Abstimmung fand das Begehren keine Mehrheit. Der Kantonsrat erklärte die Volksmotion mit 31 zu 20 Stimmen als nicht erheblich. Ganz vorbei ist das Thema damit aber noch nicht. Möglicherweise kommt es nochmals aufs Tapet (siehe Kasten).
Kommentar nebenan
Motionär «Thema ist noch nicht vom Tisch»
Von der Ablehnung der Volksmotion nicht überrascht ist Walter Vogelsanger, der Präsident des Komitees für ein gerechtes Lohnsystem mit Zukunft und Erstunterzeichner der Motion. «Ich hatte damit gerechnet», sagte der Kantonsschullehrer aus Beggingen gestern nach der Ratssitzung. Erledigt ist das Thema für ihn aber noch nicht, zumal es im Rat durchaus auch Verständnis von bürgerlicher Seite für sein Anliegen gegeben habe. Im Komitee denke man über eine Initiative nach, allerdings sei noch nichts vorbereitet. Eine weitere Möglichkeit ist ein neuer Vorstoss im Parlament: Vogelsanger wird ab Januar als SP-Vertreter selbst im Kantonsrat Einsitz nehmen. (zge)
Sätze zur Situation
Daniel Fischer: «Wenn FDP-Steuersenkungsfetischisten ein Lohnsystem ändern wollen, dann sicher nur, um zu sparen.»
Patrick Strasser: «Ich gehe davon aus, dass bei der grossen SVP und der nicht mehr so grossen FDP schon entschieden ist, dass man der Motion zustimmen will.» (Kommentar zum Schweigen der Bürgerlichen zur Volksmotion)
Iren Eichenberger: «Ich zitiere mich ungern selber, aber ich mache es jetzt trotzdem.»
Lorenz Laich: «Ich empfehle den Leuten beim Staat, in die Privatwirtschaft zu gehen. Da werden die Leute um 17 Uhr informiert, dass sie noch Arbeit bis März haben und dann ein Teil der Belegschaft entlassen wird.»
Rosmarie Widmer Gysel: «Den Sack schlägt man und meint den Esel.»