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Lehrplan bleibt beweglich
Schaffhauser Nachrichten, 22.02.2005 von Walter Joos
Die mit Hilfe einer Motion angestrebte Beschränkung des Fremdsprachenunterrichtes an der Primarschule fand keine Mehrheit.
Soll der Unterricht an der Primarschule durch eine entsprechende Ergänzung des Schulgesetzes auf eine Fremdsprache beschränkt werden? Bei der Diskussion über diese Frage blieben die Meinungen im Kantonsrat gestern geteilt. Daniel Fischer (SP, Schaffhausen) wollte der Regierung mit seiner am 24. Januar begründeten Motion einen entsprechenden Auftrag erteilen. Erziehungsdirektorin Rosmarie Widmer Gysel hatte die Volksvertreter zur Wahrung einer grösstmöglichen Flexibilität gebeten, den parlamentarischen Vorstoss aus dem linken Lager abzulehnen. Nach einer rund anderthalbstündigen sachlichen Diskussion folgte die Mehrheit schliesslich dem regierungsrät- lichen Antrag mit 39 zu 34 Stimmen.
Unerlässliche Koordination
Nach Albert Baumann (SVP, Neuhausen) soll in Übereinstimmung mit den Absichten des Motionärs in Zukunft Englisch statt Französisch als erste Fremdsprache an der Primarschule gelehrt werden. Der Beginn des Französischunterrichtes sollte jedoch in Übereinstimmung mit den anderen Kantonen im fünften oder im siebten Schuljahr erfolgen. Im Interesse einer grenz-überschreitenden Koordination soll daher auf eine vorzeitige Festlegung dieses Zeitpunktes verzichtet werden. Auch aus der Sicht von Rainer Schmidig (EVP, Schaffhausen) sollte der Kantonsrat auf eine gesetzliche Fixierung von Lehrinhalten und Stundentafeln verzichten.
Mangelnde Kompetenz
Jeanette Storrer (FDP, Schaffhausen) warnte die Volksvertreter vor einer ultimativen Einschränkung der Bildungsfreiheit. Dem Parlament fehle schlicht die dazu notwendige fachliche Kompetenz. Bildungsinhalte dürfen aus ihrer Sicht unter keinen Umständen zum Spielball der Politik verkommen. Auch aus der Sicht von Christian Amsler (FDP, Stetten) sollte die Gestaltung des Fremdsprachenunterrichtes nicht in einen politischen Glaubenskrieg ausarten. Eine frühe Förderung der sprachlichen Fähigkeiten erachtet er als wünschenswert. Durch den Einsatz einer kindergerechten Didaktik könne zudem die von sozialdemokratischer Seite befürchtete Überforderung der Primarschüler durch mehrere Fremdsprachen vermieden werden.
Zunehmender Leistungsdruck
Für Hermann Beuter (SP, Siblingen) muss der Lehrstoff an der Primarschule auf ein für alle normal begabten Schüler erträgliches Mass beschränkt bleiben. Angesichts der neuen Inhalte, welche die Schule in den letzten Jahren zu verkraften hatte, erachtet er die Ausweitung des Unterrichtes auf eine zweite Fremdsprache für die schwächeren Schüler als unzumutbar. Mit der Überweisung der Motion von Daniel Fischer könne der Kanton ein entsprechendes Zeichen setzen. Auch Ruth Peyer (SP, Schaffhausen) warnte vor den Folgen des zunehmenden Leistungsdruckes auf die Primarschüler. Statt das Fuder mit zusätzlichem Lehrstoff zu überladen, sollte die Volksschule nach ihrer Überzeugung im Einklang mit den übrigen Kantonen neu gestaltet werden. Dabei gelte es unter anderem die Basis für ein zukunftstaugliches Sprachenkonzept zu schaffen. Dazu gehört nach Ansicht von Thomas Wetter (SP, Beringen) und Patrick Strasser (SP, Neuhausen) in erster Linie die grundlegende Beherrschung der deutschen Sprache. Dies sei eine unabdingbare Voraussetzung für den Fremdsprachenuntericht. Eine Beschränkung des Unterrichtes an der Primarschule auf eine Fremdsprache erachten die beiden Votanten aus diesem Grunde als sinnvoll. Diese Ansicht wurde in der Folge auch von Thomas Hurter (SVP, Schaffhausen) geteilt.
Spielraum bewahren
Vor der Beschlussfassung über die Motion sprachen sich Bruno Leu (SVP, Neunkirch), Willi Josel (SVP, Neuhausen) und Erziehungsdirektorin Rosmarie Widmer Gysel gegen eine gesetzliche Einschränkung von Lehrinhalten aus. Daniel Fischer (SP, Schaffhausen) forderte seinerseits den Rat auf, der drohenden Überforderung der Primarschüler durch die Überweisung seiner Motion Einhalt zu gebieten. Mit 39 zu 34 Stimmen lehnte eine Mehrheit jedoch den Vorstoss ab.