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Kein Automatismus in Lohnfragen
Schaffhauser Nachrichten, 07.04.2017 von Mark Liebenberg
Ein Prozent mehr Lohnsumme pro Jahr wollte die Regierung, um individuelle Leistungen von Staatsangestellten besser würdigen zu können. Der Kantonsrat ist darauf gar nicht eingetreten.
Lehrer, Pflegefachleute, Tiefbaumitarbeiter, Polizistinnen, Verwaltungsangestellte – sie alle erledigen Tag für Tag Aufgaben, die der Gesetzgeber für die Öffentlichkeit beim Staat bestellt. Die Löhne dieser Berufsgruppen zahlt der Kanton, der als Arbeitgeber auftritt. «Um engagierte, gut qualifizierte Mitarbeitende zu gewinnen und zu halten, bedarf der Kanton konkurrenzfähiger Arbeitsbedingungen», sagte die Schaffhauser Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel gestern im Kantonsparlament. «Nebst Rahmenbedingungen wie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Gesundheitsförderung und Chancengleichheit gehört auch ein marktgerechtes und leistungsbezogenes Gehalt dazu, das im Vergleich zu anderen öffentlichen Arbeitgebern oder ähnlichen Institutionen konkurrenzfähig ist.» Ein Prozent der budgetierten Lohnsumme solle daher für individuelle Lohnentwicklungsmassnahmen zur Verfügung stehen.
Besonders im Nachteil seien im heutigen System jüngere Angestellte, erklärte die Finanzdirektorin. Mit den finanziellen Möglichkeiten, die der Kanton derzeit habe, lägen sie im Schnitt zu fast zwei Dritteln unter 95 Prozent des Lohnniveaus im schweizerischen Vergleich. «Wenn der Kanton keine Massnahmen ergreift, werden wir uns mit massiven Rekrutierungsproblemen auseinandersetzen müssen», warnte Widmer Gysel.
Besser jedes Jahr neu justieren
Dem Anliegen schlug im Rat ein kühler Montagmorgenwind entgegen. Die vorberatende Kommission hatte empfohlen, auf die Vorlege gar nicht erst einzutreten. Christian Heydecker (FDP, Schaffhausen) erklärte, wieso: «Der Kantonsrat hat Verantwortungsbewusstsein bewiesen, als er in den letzten Jahren in der Budgetdebatte die Lohnsumme stets nach oben korrigiert hat – und das soll auch so bleiben.» In der Tat gab es in den vergangenen, von Sparrunden geprägten Jahre nur zwei Jahre, in denen das Staatspersonal leer ausging. Sonst hob der Kantonsrat die Summe auf Antrag der Regierung jeweils zwischen 0,7 und 1,2 Prozent an.
Die bürgerliche Ratshälfte will diese Hoheit nicht aus den Händen geben. Eine automatische jährliche Anhebung der gesamten Lohnsumme, «egal, was passiert» (Heydecker), sei das falsche Signal. Mariano Fioretti (SVP, Schaffhausen) stiess ins gleiche Horn und erwähnte, dass dem Volk im gleichen Zeitraum eine Steuererhöhung von drei Prozent zugemutet würde. Er riet den Befürwortern: «Fragen Sie doch mal die Kassiererin im Supermarkt, wie ihre Lohnentwicklung in den letzten Jahren war!»
Wenigstens auf die Vorlage einzutreten, das forderte die linke Ratsseite. Jürg Tanner (SP, Schaffhausen): «Wer eine leistungsorientierte Verwaltung will, soll den Leuten auch leistungsabhängige Löhne zahlen.» Peter Neukomm (SP), der oberste Personalchef der Stadt, warnte: Diesen ersten Schritt nicht zu machen, sei «grobfahrlässig» und schmälere die Konkurrenzfähigkeit des Kantons. Es half nichts. Mit 25 zu 24 Stimmen beschloss der Rat Nichteintreten.