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Kanton legt sein Kulturkonzept vor
Schaffhauser Nachrichten, 07.09.2005 von Martin Schweizer
Mit einem lediglich 15 Artikel umfassenden Gesetz umschreibt der Kanton seine Vorstellungen zur Kulturförderung.
Ein gut gelauntes Team unter der Leitung von Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel präsentierte gestern Freitagvormittag im Lesesaal des Staatsarchivs eine Vorlage zu einem Kulturgesetz, das jetzt zur Beratung an den Kantonsrat geht. Das gemäss seinen Verfassern bewusst «schlank» gehaltene und gut gegliederte Gesetzeswerk mit nur 15 Artikeln ergänzt den traditionell von den Gemeinden und vorab von der Stadt Schaffhausen wahrgenommenen Aufgabenbereich. Das Gesetz will, wie die Vorsteherin des Erziehungsdepartements gestern ausdrücklich betonte, die vorhandene föderalistische Struktur unseres Gemeinwesens nicht aufweichen - der Kanton pfuscht den Gemeinden künftig nicht ins Handwerk, im Gegenteil: Angestrebt wird auf Teilgebieten bei Bedarf eine noch intensivere Zusammenarbeit und gegebenenfalls Unterstützung bei kulturellen Bestrebungen. Das Subsidiaritätsprinzip soll jedenfalls nicht angetastet werden.
Für Eigenständigkeit
Wichtig insgesamt sei dem Kanton eine Vielfalt, wozu neben professionellen Anbietern nach dem Verständnis des Regierungsrats auch kulturelle Bemühungen von Laien und der Volkskultur gezählt würden. Ganz allgemein gehe es dem Staat - dem Bund, den Kantonen, den Gemeinden - um das Erhalten, Fördern und Vermitteln, ohne die private Kulturförderung zu konkurrenzieren. Rosmarie Widmer Gysel gab sich überzeugt, dass die kulturelle Dichte, eine Stärke der schweizerischen Kulturlandschaft, nur dank dem Engagement privater Kreise, dank Mäzenen, Stiftungen und Sponsoren überhaupt möglich ist. Das jetzt vorliegende Gesetz über die Kulturförderung und Kulturpflege manifestiert nach Ansicht der Regierungsrätin aber, dass auch der Kanton gewillt ist, seine Eigenständigkeit und Identität zu bewahren, dass er sich kulturell weiterentwickeln möchte und sich Schaffhausen als Standort nicht allein über Wirtschaftskriterien definieren will.
Fast in allen Kantonen
Das weit gehend von Staatsarchivar Roland E. Hofer und den Juristen Raphaël Rohner und Christine Thommen erarbeiteteGesetz stützt sich auf die vor drei Jahren in Kraft getretene Kantonsverfassung und die darin enthaltenen Artikel 91 und 50. Ein eigentliches Kulturgesetz gab es bisher noch nicht, doch vor Jahresfrist hat der Kantonsrat dem Regierungsrat nochmals den Auftrag dazu erteilt.
In irgendeiner Form wird die Kulturförderung auch in der übrigen Schweiz geregelt: In 16 Kantonen sind die Bestimmungen sowohl in der Verfassung und in Gesetzen verankert, sechs Kantone belassen es bei einem Gesetz, in einem Kanton findet Kulturpflege nur in der Kantonsverfassung Erwähnung. Lediglich zwei Kantone, Basel-Stadt und Schwyz, verzichten ganz auf eine Rechtsetzung.
Theoretisch wäre ein Verzicht auf ein Kulturgesetz natürlich auch in Schaffhausen denkbar. Doch hat sich nach Meinung des Regierungrates nicht zuletzt auf Grund der breit abgestützten Vernehmlassung gezeigt, dass - neben einer gewissen Skepsis vor allem von bürgerlicher Seite - doch ein grosses Interesse an einem ausformulierten Kulturkonzept mit mehr oder weniger klaren Regelungen des Kantons besteht. So umschreibt das Gesetz neben allgemeinen Ausführungen zur künstlerischen Freiheit beispielsweise die Möglichkeit von so genannten Leistungsvereinbarungen, die sich - im Konsens mit der Stadt - nach Auskunft von Roland E. Hofer bei grösseren und längerfristigen Projekten in den letzten Jahren gut bewährt hätten. Ein anderer Artikel postuliert die Zusammenarbeit mit den Gemeinden und privaten Institutionen. Darüber hinaus möchte der Kanton aber auch interkantonale und grenzüberschreitende Beziehungen anknüpfen und fördern.
Geld aus dem Lotteriefonds
Wie die Stadt unterstützt der Kanton zahlreiche kulturelle Institutionen und Vereine schon bisher mit grösseren und kleineren Beiträgen, Theateraufführungen vor allem, aber auch Musik und Kunst. Letztes Jahr waren es rund 1,4 Millionen Franken. Die jeweils im Voranschlag und in der Rechnung ersichtlichen Aufwendungen laufen über den Lotteriefonds. Die Erträge aus dem Lotteriewesen sind allerdings seit einiger Zeit eher rückläufig, sodass sich der finanzielle Spielraum des Kantons à la longue einschränken könnte. Deshalb sieht das Gesetz für bestimmte Fälle zusätzlich eine Finanzierung über den ordentlichen Staatsvoranschlag vor. Neue Ausgaben in grösserem Rahmen sollen damit aber nicht verbunden sein. Klar ist auch: Irgendein gesetzlicher Anspruch auf finanzielle Beiträge und Leistungen des Kantons besteht auch in Zukunft nicht.
Staatliche Kulturförderung
- Bund, Kanton und Gemeinden teilen sich in der Kulturförderung. Gemäss Bundesverfassung aus dem Jahre 1999 obliegt die «Kulturhoheit» indes den Kantonen.
- Die Schaffhauser Kantonsverfassung aus dem Jahre 2002 befasst sich in zwei Artikeln mit Grundsätzen der Kulturpflege und der Notwendigkeit einer Gesetzgebung.
- Das jetzt vom Erziehungsdepartement vorgeschlagene und vom Gesamtregierungsrat abgesegnete Gesetz über die «Kulturförderung und Kulturpflege» umfasst 15 Artikel und wird vermutlich im Herbst vom Kantonsrat behandelt. Die Vorlage wurde unter Leitung von Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel im Wesentlichen von Staatsarchivar Roland E. Hofer ausgearbeitet, der zugleich Kulturbeauftragter des Kantons ist. Am Entwurf ebenfalls beteiligt waren Departementssekretär Raphaël Rohner und Rechtsberaterin Christine Thommen.
- Das neue Kulturgesetz nimmt Rücksicht auf föderalistische Strukturen und möchte den Handlungsspielraum der Gemeinden (inkl. Städten) nicht einschränken. Das gilt ebenso für die - unverzichtbare - private Kulturförderung.