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Jetzt kommt noch die Referendumshürde

Unternehmenssteuerreform III

Schaffhauser Nachrichten, 15.06.2016 von sda / Interview Anna Kappeler

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Rosmarie Widmer Gysel Schaffhauser Finanzdirektorin

Nach einigem Hin und Her haben sich Nationalrat und Ständerat darauf geeinigt, wie sie die Gewinne von ausländischen Unternehmen künftig besteuern wollen.

Die letzten Differenzen zur Unternehmenssteuerreform III sind beseitigt. Der Nationalrat hat gestern eingelenkt und die Beschlüsse des Ständerats übernommen: Umstritten waren noch die zinsbereinigte Gewinnsteuer und der Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer. Dieser beträgt nun 21,2 Prozent (vgl. Interview rechts). Der Nationalrat hatte bisher am Vorschlag des Bundesrats festgehalten, den Kantonen 20,5 Prozent statt 17 Prozent der ­direkten Bundessteuer zukommen zu lassen. Nun hat er mit 140 zu 49 Stimmen eingelenkt, «um einen Kompromiss zu ermöglichen», wie Kommissionssprecherin Céline Amaudruz (SVP/GE) sagte.

Die zusätzlichen Mittel sollen den Kantonen den finanziellen Spielraum zur Senkung der Unternehmensgewinnsteuern geben. Es handelt sich um eine der Massnahmen, mit welchen ausländische Unternehmen für den Verlust von Steuerprivilegien entschädigt werden sollen. Diese Privilegien muss die Schweiz unter dem Druck der EU und der OECD aufgeben. Weitere Vergünstigungen sind beispielsweise die Patentbox zur privilegierten Besteuerung von Erträgen aus Immaterialgüterrechten oder die sogenannte Inputförderung, dank der Forschungsaufwendungen über die tatsächlichen Kosten hinaus steuerlich abzugsfähig sind.

Holding- und Finanzierungsgesellschaften profitieren jedoch kaum von diesen Instrumenten. Der Nationalrat bestand daher auf der Einführung einer zinsbereinigten Gewinnsteuer: Unternehmen sollen einen fiktiven Zins auf «überschüssigem» Eigenkapital zum Abzug bringen können.

Bei aller Sympathie für das Anliegen lehnte der Ständerat die zinsbe-reinigte Gewinnsteuer wegen der hohen Steuerausfälle bei den Kantonen zunächst ab. Von einer Gegenfinan- zierung wollte der Nationalrat nichts wissen. Er weigerte sich, die abgeschlossene Diskussion über die Teilbesteuerung von Dividenden neu aufzurollen.

Nun hat der Ständerat das Seilziehen für sich entschieden. Letzte Woche hatte er der zinsbereinigten Gewinnsteuer zugestimmt, sofern der betreffende Kanton Dividenden auf Beteiligungen über zehn Prozent zumindestens 60 Prozent besteuert. Bei allen Vorbehalten gegen das Vorgehen der kleinen Kammer hat der Nationalrat die Verknüpfung der beiden Anliegen gutgeheissen. Die Vorlage ist nun bereit für die Schlussabstimmung vom Freitag.

Allerdings muss die Unternehmenssteuerreform III wohl noch eine Referendumsabstimmung überstehen. Die SP bekräftigte gestern ihre Absicht, gegen die «überladene und einseitige» Vorlage das Referendum zu ­ergreifen. Die Grünen kündigten bereits an, sie wollten die SP dabei unterstützen.(sda)

Rosmarie Widmer Gysel«Die Gefahr der Abwanderung ist real»

Frau Widmer Gysel, gestern hat das Bundesparlament letzte Differenzen bei der Unternehmenssteuerreform III (USR III) bereinigt. Was halten Sie von dem Kompromiss?

Rosmarie Widmer Gysel: Die nun vorliegende USR III ist ein ausgewogenes und zielführendes Gesamtpaket. Wichtige Punkte der Kantone wurden berücksichtigt. So etwa die Gesamtbegrenzung der steuerlichen Ermässigung durch die neuen Instrumente (wie die Patentbox, die Inputförderung und die zinsbereinigte Gewinnsteuer) auf maximal 80 Prozent. Zudem kam die Erhöhung des Anteils der Kantone an der direkten Bundessteuer auf 21,2 Prozent. Diese Massnahme erleichtert es den Kantonen, die notwendigen Steuersatzsenkungen umzusetzen.

Im Kanton Schaffhausen ist eine Senkung der Gewinnsteuerbelastung von etwa 16 Prozent auf rund 12 Prozent in Aussicht gestellt. Diverse Kantone haben Senkungsabsichten angekündigt im Zusammenhang mit der USR III. Bleibt Schaffhausen bei diesen Plänen?

Widmer Gysel: Die Regierung des Kantons Schaffhausen strebt neben der aktiven Umsetzung der weiteren Elemente der USR III eine Gesamtsteuerbelastung von 12 bis 12,5 Prozent an, um national und international ­attraktiv zu bleiben.

Schweizweit kann sich Schaffhausen mit Zug und Basel-Stadt unter den drei Kantonen mit den tiefsten Unternehmenssteuern platzieren. Wie viel Anpassung braucht es da überhaupt noch?

Widmer Gysel: Es braucht die angestrebte Reduktion der Steuersätze auf die Gesamtsteuerbelastung von 12 bis 12,5 Prozent und zudem die wettbewerbsfähige Umsetzung der im Rahmen der USR III neu einzuführenden Instrumente.

Die Kosten für den Bund belaufen sich auf über eine Milliarde – die SP ergreift nun das Referendum gegen die Vorlage. Auch der Kanton Schaffhausen muss sparen. Wie wird da die Schaffhauser Bevölkerung auf Steuersenkungen reagieren?

Widmer Gysel: Wir müssen uns vor Augen führen, dass die USR III in erster Linie die international nicht mehr akzeptierten Statusgesellschaften abschafft. Und somit die gleiche Besteuerung für alle juristischen Personen zur Folge hat – nebenbei etwas, was die SP seit Langem anstrebt. Für die betroffenen Statusgesellschaften bedeutet dies eine Steuererhöhung von 40 bis 50 Prozent, der Begriff «Steuersenkungsvorlage» ist nicht korrekt. Das Wichtigste sind jedoch die rund 3200 Arbeitsplätze der Statusgesellschaften im Kanton Schaffhausen. Diese gilt es zu halten. So kann ein bedeutender Teil des wirtschaftlichen Erfolgs des Kantons gesichert werden. Die Regierung ist überzeugt, dass die Bevölkerung die Chancen und die Gefahren einer Ablehnung – konkret den Verlust vieler Arbeitsplätze und den Wegfall wirtschaftlicher Impulse und Steuereinnahmen – sachlich abwägt. Das Volk wird der USR III sowie der Strategie der Regierung des Kantons Schaffhausen zustimmen.

Wie real schätzen Sie die Gefahr ein, dass tatsächlich Unternehmen abwandern?

Widmer Gysel: Die Gesamtsteuerbelastung der ordentlich besteuerten juristischen Personen im Kanton Schaffhausen beträgt aktuell 16 Prozent. Zum Vergleich: In Irland sind es dagegen nur 12,5 Prozent und in Luzern sogar nur 12,3 Prozent. Da ist die Gefahr der Abwanderung von Statusgesellschaften offensichtlich und real. Keine mobile Gesellschaft mit hohem Gewinn zahlt freiwillig ein Viertel mehr Steuern!