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Ist Widmer Gysel die neue Widmer-Schlumpf?
Sprengkandidatin
20 Minuten, 12.06.2015 von J. Büchi
Vier Tage vor den Bundesratswahlen kommt eine neue Sprengkandidatin ins Spiel: Die Schaffhauser Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel.
Es war kaum mehr als eine Randnotiz: Am 9. Dezember 2007, vier Tage vor der Bundesratswahl, berichtete die «NZZ am Sonntag» über mögliche Sprengkandidaten, die gegen den SVP-Übervater Christoph Blocher ausgespielt werden könnten. Im Vordergrund stand das Szenario, dass die CVP den verlorenen Sitz von Ruth Metzler zurückergattern könnte. Nur beiläufig wurde erwähnt, dass am Wochenende in links-grünen Kreisen auch «die Bündner SVP-Regierungsrätin Eveline Widmer-Schlumpf als mögliche Kandidatin genannt» worden sei. Was dann geschah, ist Geschichte.
Nun das Déjà-vu: Vier Tage vor den Bundesratswahlen 2015 bringt die Zeitung erneut eine SVP-Regierungsrätin als Sprengkandidatin ins Spiel: Die Schaffhauserin Rosmarie Widmer Gysel. Sie steht der Finanzdirektion ihres Kantons vor – genau wie Eveline Widmer-Schlumpf damals im Bündnerland. Die 59-Jährige sei diese Woche an mehreren Veranstaltungen als mögliche Sprengkandidatin gehandelt worden, heisst es im Artikel. Für sie sprächen ihre Regierungserfahrung sowie «ihre Führungserfahrung in Wirtschaft und Militär, wo sie bis zum Oberst aufstieg». Auch ihre Herkunft, die in ihrem erdigen Klettgauer Dialekt zum Ausdruck kommt, könnte ihr zum Vorteil gereichen: Schaffhausen hatte noch nie einen Bundesrat.
«Ich wäre die falsche Person»
Auf Anfrage winkt Rosmarie Widmer Gysel aber ab: «Ich musste schmunzeln, als ich meinen Namen in der Zeitung gelesen habe. Das ist nichts weiter als das übliche Spiel vor den Bundesratswahlen.» Sie stehe dazu, dass sie nicht in allen Punkten auf SVP-Linie politisiere. «In Schaffhausen wird das weitgehend akzeptiert, aber für den Bundesrat wäre ich damit die falsche Person.» Damit nun Ruhe einkehre in der Landesregierung, dürfe sich die Geschichte von Eveline Widmer-Schlumpf nicht wiederholen. «Nur, wenn ein linientreuer SVP-Kandidat gewählt wird, kann die Partei ihre Verantwortung im Land wahrnehmen.» Sie würde eine Wahl deshalb ablehnen.
Dass die Schaffhauser SVP gerne endlich zu einem Bundesrat käme, ist kein Geheimnis. Nachdem es keiner ihrer Kandidaten auf das Dreierticket geschafft hatte, teilte die Partei per Communiqué mit: «Die wählerstärkste SVP-Kantonalpartei der Schweiz nimmt mit grosser Enttäuschung zur Kenntnis, dass keiner der beiden renommierten Bundespolitiker Hannes Germann oder Thomas Hurter von ihrer Bundeshausfraktion nominiert wurden.» Dass stattdessen ein «parteiexterner» Lega-Politiker und ein «dritter, welscher Bundesrat» portiert werden, werfe Fragen auf. Widmer Gysel sagt dazu: «Natürlich wäre es schön, wenn Schaffhausen irgendwann zu einem Bundesrat käme. Wenn überhaupt, dann stünden derzeit aber Hannes Germann und Thomas Hurter im Vordergrund.»
«Knallhart»
Für die Schaffhauser SP-Nationalrätin Martina Munz kämen alle drei Politiker als mögliche Bundesratskandidaten infrage. Gute Noten erteilt sie auch Rosmarie Widmer Gysel: «Sie führt das Finanzdepartement zwar knallhart nach Grundsätzen der SVP-Politik, hält aber die Kollegialität hoch und bringt auch Führungserfahrung aus der Privatwirtschaft mit– damit hat sie schon vielen anderen Kandidaten etwas voraus.»
Als letzte Fraktion lädt die SP die offiziellen SVP-Kandidaten am Dienstag zu einem Hearing ein. Munz sagt, man werde dem Dreierticket «eine faire Chance» geben. «Sollten wir aber zum Schluss kommen, dass keiner der drei wählbar ist, müssen wir uns im Interesse des Landes nach einer anderen Lösung umsehen.»