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Getanzte Minimal Music von spezieller Machart

Schaffhauser Nachrichten, 19.05.2005 von Alfred Wüger

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Das 16. Jazzfestival Schaffhausen hat begonnen - und wie! Faszinierend.

So langsam werde es schwierig, alle Leute in der grossen Kammgarnhalle unterzubringen, scherzte Urs Röllin in seinen Begrüssungsworten, dankte den Sponsoren, bevor er das Wort Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel übergab, die zum ersten Mal als Kulturdirektorin ein Jazzfestival eröffnete und sagte, sie mache das «mit grosser Freude». Seit zwei Jahren sei der Kanton der grösste Geldgeber an das Festival und gebe damit der Kulturpolitik eine eindeutige Ausrichtung. Nicht nur das, auch erfülle der Kanton auf diese Weise eine wichtige Aufgabe innerhalb der offenen Gesellschaft. «Gerade in Zeiten grossen Spardrucks nehmen wir damit die kulturpolitische Verantwortung wahr», sagte die Politikerin abschliessend.
Dann hiess es Bühne frei für Ania Losinger, Xala, und das Tonus-Streichquartett mit Simon Heggendon und Katrin Hasler, Violine, David Schneebeli, Viola, und Carlo Niederhauser, Cello. Nun, vor der Lektüre der Festivalzeitung und dem Konzert hätte die Frage «Was ist ein Xala?» wohl bei bei Günter Jauchs «Wer wird Millionär?» die ultimative Frage sein können. Jetzt wissen wir: Es handelt sich um ein von der Berner Tanz- und Musikperformerin Ania Losinger entwickeltes Bodenxylofon. Es ist 4,5 mal 4,5 Meter gross und besteht aus 24 Klangplatten. Diese Platten sind in einem Metallrahmen so aufgehängt, dass sie schwingen können. Und jede Platte ist mit einem Tonabnehmer versehen.
Einzigartiges Bodenxylofon
Zunächst steht Ania Losinger mit dem Rücken zum Publikum da, in jeder Hand einen Holzstab so gross wie sie selbst, dann beginnt ein hölzernes Tocktock, sie schlägt mit den Stäben auf die Tonplatten, mit einem dünnen Scheit kann sie mit der Hand ein helleres Klappen erzeugen, ihre Flamenco-Schuhe beginnen sich zu bewegen, nach und nach setzen die Streicher ein, während Losinger ihren minimalistischen Grundrhythmus beibehält. Das Cello setzt Akzente in tiefen Lagen, der Klang des Xala erinnert an den Klang von verlangsamten Riesencastagnetten, die tanzende Spielerin oder spielende Tänzerin ist voller Konzentration, Minimal Music von höchster Präzision füllt den Raum, Taktwechsel, Tempowechsel, der Hintergrund wechselt von Rot auf Blau.
Eine faszinierende Angelegenheit, dieses Xala, und doch stellt sich die Frage, wie eine andere Komposition klingen würde. Oder: Wie gross ist die Bandbreite der klanglichen Variationen? Die Komposition, die am Eröffnungsabend erklingt, ist ein Auftragswerk, das der Tonus-Musiker Don Li für Ania Losinger und das Streichquartett geschrieben hat. Man denkt an Arvo Pärts «Tabula Rasa», obwohl Lis Komposition nicht dessen elegisch-meditativen Charakter hat, man denkt auch an Steve Reich und dessen Marimbafon-Konzerte, obwohl Lis Komposition nichts von dessen Orgiastik aufweist. Diese Vergleiche sollen aufzeigen, dass das einzigartige Instrument, das Ania Losinger betanzt, klanglich in der grossen Tradition von Holzschlaginstrumenten steht. Und man braucht nicht bis nach Afrika zu schweifen, um Klangvergleiche zu finden - es gibt das europäische «Hölzerne Gelächter».
Ania Losinger hat sich mit dem Xala, dem mit Händen und Füssen bespielbaren Bodenxylofon, einen Traum verwirklicht. Das Instrument ist vollkommen auf ihre Persönlichkeit ausgerichtet. Sie studierte Rhythmik am Konservatorium Zürich und kam zum ersten Mal bei ihrer Grossmutter mit dem Flamenco-Tanz in Berührung. Sie liess sich darin gründlich ausbilden.
Auf der Bühne strebt die gut einstündige Aufführung der Komposition mit dem Titel «New Ballet for Xala» dem Ende zu. Vor türkisem Hintergrund die kontrollierten Bewegungen der Tänzerin, die mit Absätzen, Schuhspitzen und den Stangen sich im Dreiertakt bewegt, die Streicher überhöhen den Rhythmus mit sangbaren Melodien, das Xala erreicht die Dumpfheit von Basstrommeln, dann geht die kontrollierte Ekstase in einen elektronischen Abgang über. Akustische Musik und Elektronik ergänzte Don Li aufs Virtuoseste. Ania Losinger und das Tonus-Quartett ernteten Riesenapplaus. «Mir chömed gärn wider!», rief sie.

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