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Gegen verbotene Bilder auf Handy und PC
Schaffhauser Nachrichten, 11.02.2006 von Robin Blanck
Die nationale Kampagne gegen Kinderpornografie wird im Kanton Schaffhausen mit der Prävention unerlaubter Darstellungen auf Handys kombiniert. Gestern hat die Polizei aufgezeigt, wie man die Jugendlichen auf die Gefahren aufmerksam machen will.
Im September des Jahres tauchte ein 14-jähriges Mädchen aus Aigle im Kanton Waadt plötzlich wieder auf, nachdem es drei Monate bei einem 58-jährigen Franzosen in Südfrankreich gelebt hatte. Kennen gelernt hatte die Jugendliche den Mann über das Internet. Dieser Fall ist nur einer von vielen, in denen die negativen Seiten des Internets zum Vorschein kommen. Gerade die Anonymität und die kaum kontrollierbare Vielfalt des World Wide Web eröffnen pädosexuell veranlagten Erwachsenen neue Möglichkeiten, mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt zu kommen, etwa über Chatrooms («Plauderräume»), in denen man sich problemlos mit einer falschen Identität einwählen und so Verbindung zu arglosen Kindern aufnehmen kann. Das Ziel ist immer dasselbe: Ein Treffen in der realen Welt, um den Knaben oder das Mädchen zu missbrauchen.
Dieses Problem ist nicht neu, die Dimensionen aber immer wieder erschreckend: Schätzungsweise zwischen 100 000 und 200 000 kinderpornografische Webseiten sind heute online. Die Nachfrage ist riesig, denn der erwirtschaftete Gewinn wird auf 250 Millionen Franken geschätzt. Entsprechend gross muss die Gruppe der Interessenten sein - das gilt auch für die Schweiz. Deshalb hat die Schweizerische Kriminalprävention (SKP) zusammen mit den kantonalen Polizeikorps bereits 2005 eine nationale Kampagne «Stopp Kinderpornografie im Internet» lanciert.
Konsum ächten
«Ziel ist es, den Konsum von Kinderpornografie zu ächten», sagte Martin Boess Geschäftsleiter der SPK ges-tern anlässlich der gemeinsamen Medienpräsentation. Nachdem zu Beginn der auf drei Jahre ausgelegten Aktion das Delikt im Zentrum der Aufmerksamkeit stand, rücken in diesem Jahr Massnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in den Vordergrund. Konkret will man die Kinder auf die Gefahren des Internets aufmerksam machen. Die Broschüre «click it!» soll ihnen Regeln für den sicheren Umgang mit Chatrooms vermitteln - etwa nie den richtigen Namen oder die Adresse angeben und keine Angaben zum Alter machen. Ausserdem werden die Tricks und Maschen der Täter offen gelegt, die anfänglich meist als nette Plauderkumpanen auftreten, ehe ihre wahren Absichten klar werden. Und weil die Eltern ihren Kindern punkto Internettechnologie meist weit unterlegen sind, wurde gleich auch noch eine Broschüre gedruckt, die den Erziehunsgberechtigten die nötigen Kenntnisse vermitteln soll, um die Internetnutzung ihrer Kinder wirksam kontrollieren zu können (abrufbar sind beide Broschüren unter www.stoppkinderpornografie.ch).
Bereits von Beginn weg hat die Schaffhauser Polizei die Kampagne unterstützt, denn auch im Kanton Schaffhausen kommt es immer wieder zu strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität, zu welchen die Kinderpornografie gehört. Allein im laufenden Jahr wurden 7 solcher Delikt, verzeichnet (siehe dazu auch Kasten unten).
Allerdings will die Schaffhauser Polizei neben der Kampagne gegen Kinderpornografie gleich auch noch in einem weiteren Feld der modernen Kommunikation präventiv tätig werden: Die Rede ist von Pornografie- und Gewaltdarstellungen auf Handys. Dabei stehen so genannte «Happy Slapping»-Videos (mit dem Handy aufgenommene, zu diesem Zweck angezettelte Gewaltszenen) und so genannte «Snuff»-Videos (verbotene Gewaltdarstellungen und/oder Pornografie) im Vordergrund. Diese werden entweder selbst hergestellt oder vom Internet heruntergeladen und unter den Jugendlichen ausgetauscht. «Aber das ist strafbar», sagte gestern Herbert Gasser, atellvertretender Chef der Kriminialpolizei Schaffhausen, anlässlich der Medienorientierung, «es handelt sich um ein Vergehen, das mit Gefängnis oder Busse bestraft werden kann.» Im Kanton Zürich wurde unter dem Titel «Bliib suuber» eine entsprechende Präventionskampagne gestartet, welche die Schaffhauser Polizei nun übernimmt und mit «Stopp Kinderpornografie im Internet» verbindet.
Schulen als Verbreitungskanal
Als Verbreitungskanal sollen die Schulen genutzt werden: Mit der Materie vertraute Mitarbeiter der Schaffhauser Kriminalpolizei werden die Lehrerschaft anlässlich der in den nächsten Wochen stattfindenden Stufenkonferenzen über die Gefahren von Chatrooms aufklären, ihnen die jüngsten Entwicklungen in diesem Bereich aufzeigen, sie auf die gesetzlichen Bestimmungen aufmerksam machen und Info-Material der beiden Kampagnen zur Verfügung stellen. Die Eltern erhalten einen vom Erziehungsdepartement und von der Polizei gemeinsam abgefassten Brief, der über die Kampagne informiert, zudem wird jeweils eine Eltern-Version der «click it!»-Broschüre beigelegt. «Wir wollen zwei Dinge verhindern: erstens, dass Schüler Opfer von Kinderpornografie oder Pädophilen werden, und zweitens, dass sie sich mit verbotenen Darstellungen auf Handys strafbar machen», erläuterte Gasser die Zielsetzungen der Aktion.
Das Präventionsvorhaben steht unter dem Patronat des kantonalen Erziehungsdepartementes. «Die Schule kann helfen, wenn es darum geht, die Leute zu erreichen, aber die Jugendlichen und die Eltern müssen ihre Eigenverantwortung trotzdem wahrnehmen», sagte Erziehungsdirektorin Rosmarie Widmer Gysel.
An der gestrigen Medienkonferenz präsentierte Herbert Gasser auch Schaffhauser Zahlen zu den angesprochenen Bereichen. Im laufenden Jahr wurden bisher 14 Fälle von sexuellen Handlungen mit Kindern verzeichnet (2005: 11, 2004: 9, 2003: 15, 2002: 18). Im vergangenen Jahr wurden 8 Straftaten gegen die sexuelle Integrität verzeichnet, 2004 waren es 16, 2003 7 und 2002 deren 6. In dieser Kategorie tauchen neben Kinderpornografie auch sexuelle Handlungen mit Tieren und menschlichen Ausscheidungen und Gewaltdarstellungen im sexuellen Bereich auf. Der hohe Wert von 16 Fällen im Jahr 2004 resultierte gemäss Gasser aus mehreren Aktionen gegen Kinderpornografie und einer Häufung von Einzelfällen. Die verhängten Strafen bewegten sich zwischen Bussen und einem Monat Gefängnis.
In Schaffhausen wurden bei zwei Personen unter 18 Jahren Handys sichergestellt, auf denen Gewaltdarstellungen und Pornografie gespeichert waren. Jugendliche, die mit solchem Material auf dem Handy erwischt werden, müssen sich vor der Jugendanwaltschaft verantworten. Dabei kann durchaus auch das jeweilige Gerät eingezogen werden.