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Finanzschieflage
Schaffhauser Nachrichten, 27.09.2014 von Zeno Geisseler
Leitartikel
Jede 20. Stelle wird gestrichen, Leistungen in allen Departementen werden nicht nur gekürzt, sondern fallen zum Teil komplett weg, und die Steuern steigen an. – So sieht, in aller Kürze, das Entlastungsprogramm (EP) 2014 im Umfang von 40 Millionen Franken aus, mit dem der Kanton Schaffhausen ab dem Jahr 2017 wieder schwarze Zahlen schreiben soll. Schaffhausen ist mit seiner Finanzmisere nicht allein: Auch weit potentere Kantone wie Zürich und Zug schreiben tiefrote Zahlen und rechnen sogar erst für 2018, also ein Jahr später als Schaffhausen, wieder mit einer ausgeglichenen Rechnung. Aber das ist für Schaffhausen natürlich nur ein schwacher Trost.
Hohe Kosten, speziell für Gesundheit und soziale Wohlfahrt
Wie konnte Schaffhausen überhaupt in diese Bredouille geraten? Die linken Gruppierungen meinen, den Grund zu kennen: die zahlreichen Steuersenkungsrunden der letzten Jahre. Doch das ist nicht richtig: Sowohl Private wie auch Unternehmen liefern heute insgesamt in Franken und Rappen deutlich mehr Steuern ab als noch vor zehn Jahren, und dies, obwohl die Steuerbelastung für den Einzelnen gesunken ist. Die Tiefsteuerstrategie ist also aufgegangen. Problematisch ist die Kostenseite, speziell die Kosten für die Gesundheit und die soziale Wohlfahrt. Diese Aufwendungen sind viel stärker gestiegen als die Steuererträge. Dazu kommt der Einbruch bei den Erträgen aus den Beteiligungen, allen voran der Axpo und der Nationalbank. Es hat natürlich auch nicht geholfen, dass Schaffhausen im dümmsten Moment im Meccano des interkantonalen Finanzausgleichs als potenter Kanton eingestuft wurde und zu der Elitegruppe der Nettozahler aufstieg. Auf diesen Orden an ihrem Revers hätte Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel gerne verzichtet.
Das Sparprogramm wird sicher nicht eins zu eins so umgesetzt werden
Der Kanton hat nicht erst mit dem EP 2014 gehandelt. Schon 2011 hatte er das Entlastungsprogramm ESH3 ausgearbeitet, das für 2014 immerhin Einsparungen von 15 Millionen Franken gebracht hat. Eigentlich hätte es mehr sein sollen, aber Parlament und Volk wiesen Einsparungen zum Teil zu Recht (Kirchenbeiträge), zum Teil zu Unrecht (Beiträge an Krankenkassenprämien) zurück. Auch das jüngste Entlastungsprogramm wird sicher nicht eins zu eins so umgesetzt werden, wie es die Regierung plant. Sie schlägt zum Beispiel erneut vor, die Beiträge des Kantons an die Prämienverbilligung zu begrenzen, womit Kanton und Gemeinden 8,6 Millionen Franken einsparen würden. Eine Volksabstimmung dazu ist so gut wie vorprogrammiert. Aus den Gemeinden ist Widerstand in einem anderen Punkt zu erwarten: Sie sollen Einsparungen, die ihnen aus dem Sparprogramm des Kantons erwachsen, zu einem grossen Teil nicht behalten dürfen, sondern an den Kanton weitergeben. Für Erstaunen sorgt auch die Beschaffung eines dritten Klaus, also eines Blitzkastens für die Polizei. Klaus III erhöhe die Verkehrssicherheit, sagt die Regierung. Dass der Kauf aber eine der 122 Massnahmen zur Sanierung der Kantonskasse ist, spricht Bände.
«Temporär» ist Politjargon für «auf immer und ewig»
Auf bürgerlicher Seite sind vor allem die Steuererhöhungen der Knackpunkt; einerseits die Änderungen im Steuergesetz, welche insbesondere Ehepaare und Pendler bestrafen, und andererseits die «temporäre» Erhöhung des Steuerfusses um drei Punkte. «Temporär» ist Politjargon für «auf immer und ewig»; wir erinnern uns an die «temporäre» Einführung der Autobahnvignette. Diese Zeitung hat sich in der Vergangenheit gegen Steuererhöhungen ausgesprochen und hält im Grundsatz weiterhin daran fest. Wenn alle Seiten aber einfach stur auf ihren Prinzipien beharren, wird es nicht gehen. Ohne Kompromisse hüben und drüben, früher war das einmal ein Grundsatz der parlamentarischen Arbeit, wird Schaffhausen vermutlich nicht aus der misslichen Lage herausfinden. Ein Drehen an der Steuerschraube ist indes nur hinzunehmen, wenn die anderen Massnahmen auch umgesetzt werden und die Steuerbelastung wieder sinkt, sobald es die Finanzlage erlaubt. Allzu viel Optimismus ist aber fehl am Platz: Die Konjunkturauguren haben jüngst ihre Prognosen für 2015 nach unten korrigiert. Im Aufwärtstrend bleiben hingegen die Ausgaben für Soziales und Gesundheit.