Accesskeys

Unternavigation

Kontakt

Haben Sie Fragen oder Anregungen? Kontaktieren Sie mich!

Es fragt sich, ob es alle diese Gremien braucht

Rosmarie Widmer Gysel ist diese Woche seit 100 Tagen im Regierungsrat.

Schaffhauser Nachrichten, 15.04.2005 von Erwin Künzi

sn.gif

Schaffhauser Nachrichten: Frau Widmer Gysel, die ersten 100 Tage im Regierungsrat als Chefin des Erziehungsdepartements liegen hinter Ihnen. Wie fühlen Sie sich?

Rosmarie Widmer Gysel: Sehr gut, wirklich. Ich bin absolut zufrieden und habe das Gefühl, ich sei am richtigen Ort.

Was hat Sie in dieser Zeit vor allem beschäftigt?

Widmer Gysel: Als Erstes war mir wichtig, alle Mitarbeiter in allen Dienststellen kennen zu lernen und mit ihnen Gespräche zu führen. Dann kam bereits im Januar die Sache mit den Fremdsprachen in der Primarschule, wozu ich mir die Grundlagen erarbeiten musste. Das war zu Beginn recht happig und forderte mich, war aber auch ein idealer Einstieg, da ich mit verschiedenen Problemstellungen konfrontiert wurde. Weiter haben mich die Legislaturziele beschäftigt, wo es darum ging, jedem strategischen Ziel operative Massnahmen zuzuordnen, die realistischerweise umgesetzt werden können. Viel Zeit nimmt auch die Schulgesetzrevision in Anspruch. Dort werden wichtige Weichen gestellt, und man darf den Zusammenhang mit «sh.auf» nicht aus den Augen verlieren. Wir müssen uns die Konsequenzen, die das Reformprojekt auf den Bildungsbereich hat, überlegen und in einem zweiten Schritt das Gesetz entsprechend formulieren.

Gab es schon Momente, in denen Sie die Wahl bereut haben?

Widmer Gysel: Nein, keine Sekunde, auch wenn es sicher eine Umstellung war: Bei den Aufgaben, die sich mir früher stellten, konnte ich entscheiden und umsetzen. Hier, im Erziehungsdepartement, sind die Entscheidungswege anders, es geht auch länger. Aber ich habe versucht, Führungsinstrumente aus meiner früheren Tätigkeit hier einzuführen. Wenn man diese den Mitarbeitern erklärt, ist das Feedback durchaus positiv.

Haben Sie dazu ein Beispiel?

Widmer Gysel: Ich habe zum Beispiel mit meinen Mitarbeitern gegenseitige Vereinbarungen geschlossen, wie wir ein Ziel erreichen wollen. Beide Seiten halten sich daran, und wenn das Ziel erreicht ist, werden die nächsten Meilensteine definiert. Wichtig ist dabei, dass man den Überblick über die einzelnen Ziele und das, was die einzelnen Mitarbeiter machen, nicht verliert und auch die Zeitressourcen entsprechend einsetzt. Es sind so viele Sachen miteinander verknüpft, und ich merke, dass es sehr wichtig ist, dass die Leute wissen, was die anderen machen. So ergeben sich auch Synergien.

Wie ist die Zusammenarbeit innerhalb der Regierung?

Widmer Gysel: Sie ist sehr gut. Es gibt gewisse Beschlüsse, die werden länger diskutiert als andere. Aber das braucht es auch, vor allem, wenn es noch Fragen gibt. Aber das ist jeweils kein Ringen, sondern eine konstruktive und sachliche Diskussion, und man kommt zu einem Beschluss. Ich habe festgestellt, dass es, wenn man neu kommt, gewisse Regeln gibt, die man zuerst einmal kennen muss. Wenn man sich aber nicht scheut zu fragen, wird man dabei unterstützt. Doch, wir haben ein sehr offenes Verhältnis.

Haben Sie in der Regierung als Neue zuerst einmal zugehört, oder haben Sie schon versucht, Einfluss zu nehmen?

Widmer Gysel: Aber sicher habe ich Einfluss genommen. Ich stellte von Anfang an Fragen und brachte Vorbehalte ebenso wie Zustimmung ein. Ich finde es wichtig, dass man sich rasch einbringt, auch wenn man Sachen fragt, die die anderen schon diskutiert haben. Aber das braucht es, auch, um die Zusammenhänge zuverstehen.

Was hat Sie am meisten überrascht bei Ihrer neuen Tätigkeit?

Widmer Gysel: Was ich mir nicht vorstellen konnte, war diese Kadenz von Kommissionssitzungen und die Zeit, die dadurch absorbiert wird. Allein im Erziehungsdepartement bin ich in zehn Kommissionen, davon in acht als Präsidentin. Alle haben in neuer Zusammensetzung zum ersten Mal getagt: Da war schon ein grosser Teil des Terminkalenders fixiert. Eines meiner Ziele beim Schulgesetz und beim Einführungsgesetz zum Berufsbildungsgesetz ist deshalb, die Organisation zu straffen und die Kompetenzen dorthin zu verlagern, wo operativ gearbeitet wird, sodass nur noch ein Gremium für die strategischen Entscheide bleibt. Es fragt sich wirklich, ob es alle diese Aufsichtsgremien braucht. Es ist eine Vereinfachung nötig, etwas anderes können wir uns im Kanton nicht leisten, dazu sind wir zu klein. Aber um das zu erreichen, braucht es viele Gespräche, damit die Betroffenen das nachvollziehen können. Und man muss da sein, wenn Probleme auftauchen.

Im Kanton wird das Reformprojekt «sh.auf» diskutiert, vor allem die Zwangsfusionen von Gemeinden. Wie ist da Ihre Haltung?

Widmer Gysel: Diese Frage von «Zwangsfusionen» steht jetzt im Vordergrund der Diskussion, ist aber nicht im Sinn und Geist von «sh.auf». Es geht vor allem darum herauszufinden, wo die Gemeinden zusammenarbeiten könnten, und das könnte allenfalls später zu Zusammenschlüssen führen. Ich möchte lieber, dass andere Fragen diskutiert werden und sich die Bevölkerung dazu äussert. So gibt es in der Bildung wichtige Punkte, die in engem Zusammenhang mit «sh.auf» stehen, so etwa die Schülerpauschalen, die Schulkreise oder die geleiteten Schulen. Ich habe mich diese Woche mit den Schulreferenten und den Schulpräsidenten aus dem Klettgau getroffen und mit ihnen über Schulkreise gesprochen. Ich habe festgestellt, dass es durchaus eine Bereitschaft zur Zusammenarbeit gibt. Wenn die Zusammenhänge präsentiert werden, leuchten diese ein. Ich bin überzeugt, dass wir hier einen gemeinsamen Weg finden. Machen wir zuerst die Schulkreise, das lässt immer noch die Möglichkeit offen, dass später Grossgemeinden entstehen. Und nur wenn alles andere nicht funktioniert, bleibt als letzte Möglichkeit die Zwangsfusion. Aber die Bevölkerung ist vernünftig und wird die Möglichkeiten von «sh.auf» sehen. Allerdings sind noch viele Diskussionen nötig.

Welche Aufgaben stehen bei Ihnen als Nächstes an?

Widmer Gysel: Das Erziehungsdepartement wird eine eigene Vernehmlassungsantwort zu «sh.auf» machen, um so in diesem Bereich zu einer vertieften Betrachtungsweise zu gelangen. Neben der Schulgesetzrevison werde ich mich mit einem speziellen Problem befassen, das mich sehr beschäftigt: der Heterogenität der Schule, die integrative Schulformen über Sonderklassen bis hin zu Förder- und Stützungsmassnahmen aller Art umfasst. Ich habe den klaren Willen, dass sich der Kanton für Integrieren oder Separieren entscheidet. Diesen Entscheid muss der Erziehungsrat am 24. August fällen. Beide Wege können wir uns längerfristig nicht leisten, und ein Entscheid ist auch im Zusammenhang mit den geleiteten Schulen und den Schulkreisen nötig.

Quelle