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Entlastungsprogramm war vor dem Volk chancenlos
Schaffhauser Nachrichten, 07.04.2016 von Zeno Geisseler
Keine einzige der fünf Vorlagen aus dem EP 2014 hat gestern an der Urne eine Mehrheit gefunden.
Einsparungen in Millionenhöhe da, Mehreinnahmen in Millionenhöhe dort: So hatten es sich die Kantonsregierung und das Parlament mit den fünf Massnahmen aus dem Entlastungsprogramm 2014, die gestern an die Urne kamen, vorgestellt. Doch das Volk hat von all dem nichts wissen wollen: Es hat alle fünf Vorlagen bachab geschickt. Damit kann der Kanton sein Ergebnis nicht wie vorgesehen um 5,2 Millionen Franken pro Jahr verbessern, und den Gemeinden entgehen sogar 6,1 Millionen Franken.
Höherer Steuerfuss möglich
Am deutlichsten abgelehnt worden ist eine Steuererhöhung für Ehepaare. Zwei Drittel der Stimmbürger sprachen sich dagegen aus. Ein wuchtiges Nein gab es auch für höhere Steuern für Kapitalabfindungen (60,3 Prozent Nein) und für tiefere Pflegekostenbeiträge (57,4 Prozent Nein). Gegen kostenpflichtige Freifächer an der Kantonsschule sprachen sich 52,2 Prozent aus, und bei der finanziell gewichtigsten Vorlage, der Reduktion der Beiträge an die Krankenkassenprämie, legten 55,5 Prozent der Leute ein Nein in die Urne. Die Stimmbeteiligung lag bei 53,1 Prozent.
Die Schaffhauser Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel sagte, offenbar wollten die Stimmbürger eine besonders grosszügige Prämienverbilligung. Die grosse Herausforderung sei, wie man diese finanzieren könne. Auch die permanente Anhebung des Steuerfusses sei daher auf dem Tisch. AL-Kantonsrätin Susi Stühlinger sagte, jetzt müssten die Bürgerlichen eben andere Sparvorschläge bringen – oder die Steuern erhöhen.
Kommentar
Nein, Nein, Nein, Nein, Nein
Zeno Geisseler
Das Volk will vom Entlastungsprogramm 2014 nichts wissen. Wenn die Steuern erhöht oder Leistungen gekürzt werden sollen, dann macht der Souverän nicht mit. So könnte man das gestrige fünffache Nein interpretieren. Aber ganz so einfach ist es nicht: Die Stimmbürger, die gegen eine Kürzung der Krankenkassenprämien gestimmt haben, zum Beispiel Leute mit geringem Einkommen, sind nicht unbedingt auch jene, welche gegen höhere Steuern bei Kapitalbezügen sind. Diese treffen ja vor allem Bessergestellte. Aber wenn die einen da Nein stimmen und die anderen dort, dann kann es eben passieren, dass fünf völlig unterschiedliche Vorhaben allesamt scheitern.
Die grosse Gewinnerin von gestern ist die SP. Sie hatte alle fünf Vorlagen zur Ablehnung empfohlen. Grosse Verliererinnen sind die Regierung und die FDP, welche als einzige Partei alle fünf Vorhaben unterstützte – sich aber, wie alle Bürgerlichen, im Abstimmungskampf sehr zurückhielt. Verloren hat aber auch das Parlament. Vor allem die rechtsbürgerliche Ratsseite muss sich bewusst werden, dass sie mit ihrer kompromisslosen Haltung zwar im Rat gewinnen kann, aber an der Urne abgestraft wird. Für das Entlastungsprogramm wäre es gescheiter gewesen, wenn sich das Parlament in diesen fünf Geschäften auf einen vernünftigen Kompromiss hätte einigen können. Dann wäre wenigstens ein Teil der Einsparungen realisiert worden. Jetzt ist alles bei null.
Und nun? Jetzt wird die Diskussion über einen höheren Steuerfuss wieder auffachen. Höhere Abgaben also statt Leistungsabbau. Genau dies fordern die Linken ja schon lange, und genau dagegen wehren sich viele Bürgerliche mit Händen und Füssen. Ein Kompromiss? Der ist, Stand heute, in weite Ferne gerückt.