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Eine entscheidende positive Kraft im Kanton
Schaffhauser Nachrichten, 06.05.2008 von Andreas Schiendorfer
Vor 40 Jahren erlangte die römisch-katholische Kirche im Kanton die Anerkennung als Landeskirche. Grund genug für eine Feier.
Nach der Reformation dauerte es über 300 Jahre, bis die Katholiken mit dem Toleranzedikt von 1838 im Kanton Schaffhausen auch ausserhalb Ramsens wieder offiziell geduldet wurden. 1841 wurde in der Sta.-Anna-Kapelle der erste katholische Gottesdienst gefeiert. Trotzdem blieb Schaffhausen eine reformierte Hochburg, und der Weg zur Anerkennung war für die Katholiken keineswegs einfach. Er wurde 1999 im Jahrbuch des Historischen Vereins des Kantons Schaffhausen minutiös nachgezeichnet und war deshalb an der beschaulichen Jubiläumsfeier vor und in der Rathauslaube nur am Rande ein Thema. Nach der Feier fand eine Sitzung der Synode statt (siehe SN von gestern).
1963 hatten die Zürcher Katholiken die öffentlich-rechtliche Anerkennung erlangt. Damit war auch für Schaffhausen der Startschuss gegeben. Neben Geistlichen wie Dekan Pfarrer Emil Wäschle waren vor allem die Politiker Gottfried Wäffler und Walther Späth sowie der Jurist Marius Baschung die treibenden Kräfte. Dass bereits vier Jahre nach Einreichung der entsprechenden Motion der Souverän am 18. Februar 1968 die Schaffung römisch-katholischer Kirchgemeinden guthiess, konnten die Katholiken natürlich nicht allein bewirken. Es bedurfte des Entgegenkommens der reformierten Mehrheit, bei der man vor allem auf die Fürsprache von Regierungsrat Hermann Wanner zählen durfte. Erst 1978 erfolgte der definitive Anschluss ans Bistum Basel, und die zunächst ausgeklammerte finanzielle Frage wurde erst vor 25 Jahren mit der Volksabstimmung vom 27. Februar 1983 über die Beiträge an die Landeskirchen gelöst.
Ethischen Werten verpflichtet
Kirche und Staat wurden in Schaffhausen nicht vollständig getrennt, und das soll nach Meinung der Jubiläumsgäste auch so bleiben. Die «Verantwortung vor Gott» ist, wie Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel in ihrer Grussbotschaft erklärte, auch in der Präambel der Schaffhauser Kantonsverfassung von 2002 verankert. Der Staat sei gewissen ethischen Werten verpflichtet, dies dürfe man gerade in unserer stark säkularisierten Gesellschaft nicht negieren. Rosmarie Widmer Gysel ermunterte die drei Landeskirchen, sich mit aktuellen gesellschaftlichen Themen und Fragestellungen auseinanderzusetzen und sich der öffentlichen Diskussion zu stellen.
Roland-Bernhard Trauffer, Generalvikar des Bistums Basel, betonte die Wichtigkeit der Zahl 40 in der Bibel als Symbol der Prüfung, der tiefen Reinigung und der entscheidenden Aufbrüche. Erfreut stellte er in seiner geistreichen Rede fest, dass in Schaffhausen heute keine Tiefenreinigung nötig sei, sondern ihm im Gegenteil eine Synodalin versichert habe: «Es gibt keinen Frust in der Synode Schaffhausen.»
Gegen Entlassung aus Anerkennung
Synodalratspräsident Thomas Binotto, der beim Apéro zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der ande- ren Landeskirchen und Bistumskantone begrüssen durfte, betonte in seiner Festansprache, dass man sich Anerkennung immer wieder neu erwerben müsse.
«Der Staat hat vor 40 Jahren anerkannt, dass die katholische Kirche eine entscheidende positive Kraft im Kanton Schaffhausen ist und sein soll», führte er aus. «Für die Kinder von Dienstboten, Tagelöhnern und Fabrikarbeitern war das eine entscheidende Wende, für die sie sich unermüdlich eingesetzt hatten. Sie waren stolz darauf, Katholiken zu sein, aber sie wollten das nicht mehr in erster Linie in Opposition zur Gesellschaft sein, in der sie lebten.»
Diese Rolle beinhalte den Dienst an allen Menschen, nicht nur an Katholikinnen und Katholiken, betonte der Synodalpräsident mit dem Hinweis auf die kirchliche Sozialarbeit, die Jugendverbände, die Krankenseelsorge und die Integrationstätigkeit. Er kritisierte die Strömungen, namentlich in der Kirche selbst, die eine strikte Trennung von Kirche und Staat verlangten. Diese Trennung wäre nichts anderes als die Entlassung aus der Anerkennung. «Aus Sicht unserer Gesellschaft ist das Gegenteil von Anerkennung nicht Freiheit, sondern Desinteresse und Unverständnis.»
Eindringlich wies er auf die Bedeutung der Ökumene hin und freute sich darüber, dass die Schaffhauser, die im September zum zweitenmal einen ökumenischen Kirchentag feiern, in dieser Beziehung nationale Pionierarbeit leisten. Es müsse, so Binotto abschliessend, zwischen den christlichen Kirchen immer mehr Brücken und immer weniger Gräben geben, weil die gesellschaftlichen Fragen, die in nächster Zeit drängten, gewissermassen Operationen am offenen Lebensnerv der Gesellschaft seien: Sterbehilfe, Gentechnologie, Gesundheitswesen, Vereinsamung, Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit.