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Ein Lob aufs Bundesgericht
NZZ am Sonntag
Neue Zürcher Zeitung, 26.10.2008 von (tis.)
Es ist nicht verboten, klüger zu werden, sagt der Volksmund. Die Juristen sprechen lieber von Rechtsgütern, die im Laufe der Zeit anders gewichtet werden. Das Resultat jedenfalls ist zu begrüssen. Das Schweizer Bundesgericht hat entschieden, dass - entgegen seinem 1993 gefällten Urteil - in der Schweiz aus religiösen Gründen keine Dispensierungen vom gemischten Schwimmunterricht in öffentlichen Schulen mehr erteilt werden. Verlangt hatten dies muslimische Eltern für ihre Kinder unter Hinweis auf Koranverse, die eher auslegungsbedürftig sind. Zwar steht die schriftliche Begründung noch aus, das Urteil ist aber schon heute das richtige Signal an öffentliche Schulen, die sich um Integration und Chancengleichheit bemühen. Und an muslimische Kinder, die froh sein dürften, dass sie nicht länger aus falsch verstandener Toleranz diskriminiert werden. Das hat mit totalitärer Gleichmacherei oder Anpassungszwang nichts zu tun, sondern mit Respekt für den weltlichen Verfassungsstaat. In der Schweiz kann selbstverständlich weiterhin auf der Strasse ein Kopftuch tragen, wer will. Oder kein Schweinefleisch essen.