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Ein langer Weg zu schwarzen Zahlen
Schaffhauser Nachrichten, 28.12.2015 von Zeno Geisseler
Tiefrote Zahlen, Grabenkämpfe und ein historisches erstes Mal: Die Diskussionen um die Kantonsfinanzen haben dieses Jahr neue Dimensionen erreicht.
In guten Zeiten ist eine Budgetdebatte nur etwas für Po- litiker, in schlechten Zeiten wie im zu Ende gehenden Jahr hat der trockene Zahlenstoff aber das Zeug zu einem saftigen Budgetkrimi, an dem die ganze Bevölkerung Anteil nimmt.
Den Auftakt bildete die Debatte zum Budget 2015 im Kantonsrat im November 2014. Seit 2010 schrieb Schaffhausen rote Zahlen, zwischen gut 6 und fast 30 Millionen Franken betrug jeweils das Minus. Mit dem Entlastungsprogramm 2014 hatte die Regierung mehrere einschneidende Massnahmen präsentiert, die nun mit dem Budget zu einem guten Teil bestätigt werden sollten. Dagegen wehrten sich insbesondere SP und Juso im Rat stark, wenn auch angesichts der bürgerlichen Ratsmehrheit vergeblich. Die linken Appelle, bei der Pflege und der Bildung nicht zu stark zu sparen, blieben ohne Folge. Immerhin stimmte der Rat einer Lohnerhöhung und auch einer temporären Erhöhung des Steuerfusses zu, beides linke Anliegen. Doch dies mochte die Wut von SP und Juso nicht wirklich dämpfen. Sehr bald war für die Sozialdemokraten klar, dass sie gegen das Budget 2015 das Referendum ergreifen würden.
Rein technisch war ein solches Referendum nur möglich geworden, weil der Rat den Steuerfuss angehoben hatte. Denn nur unter dieser Bedingung kann ein Volksentscheid zu den Staatsausgaben des kommenden Jahres erzwungen werden. Diese Ironie der Referendumsregeln sollte noch zu reden geben.
«Gnadenstoss» für Widmer Gysel
In Rekordzeit waren die Unterschriften beisammen, noch im Dezember 2014 wurde das Referendum eingereicht. Zum ersten Mal in der Geschichte des Kantons Schaffhausen war ein Volksentscheid zu einem Budget erzwungen worden. Die Abstimmung wurde auf den 12. April 2015 angesetzt, und an diesem Tag feierten die Referendumsführer einen grossen Erfolg: Mit 54,4 Prozent Nein-Stimmen wurde das Budget versenkt. Die Juso forderte im Siegesrausch mit martialischen Worten («Gnadenstoss für Finanzdirektorin») den Rücktritt von Rosmarie Widmer Gysel.
Nun war der Kantonsrat gehalten, ein neues Budget zu verabschieden. Verschiedene Seiten betonten, der Rat habe dabei den Volkswillen zu respektieren. Doch an der Frage, was denn dieser Volkswille sei, entzündete sich schon der nächste Streit in der Schaffhauser Politik. Die Bürgerlichen argumentierten, dass viele Stimmbürger das Budget deshalb abgelehnt hätten, weil es einen höheren Steuerfuss und höhere Löhne für das Staatspersonal vorgesehen habe. SP und Juso konterten, sie hätten das Referendum wegen der Sparmassnahmen in der Pflege und der Bildung ergriffen, und das Volksnein sei auf jeden Fall als Bestätigung ihrer Kritik zu verstehen.
Bei der Neuauflage der Budgetdebatte Ende Juni kam es dann, wie es viele Linke befürchtet hatten: Der unverändert mehrheitlich bürgerliche Rat lehnte im neuen Budget sowohl eine Lohnerhöhung für das Staatspersonal als auch einen höheren Steuerfuss ab, die von den Linken bekämpften Sparmassnahmen aber blieben drin. Das Budgetreferendum hatte somit aus linker Sicht gar nichts gebracht.
Ganz ohne Widerstand soll EP 2014 aber dennoch nicht umgesetzt werden. Das Bündnis Zukunft Schaffhausen, eine Vereinigung von Gegnern des Entlastungsprogramms, hat eine Petition eingereicht, wonach das gesamte Sparpaket dem Altpapier zuzuführen sei. Verbindlicher als diese zahnlose Bittschrift ist eine ebenfalls vom Bündnis Zukunft Schaffhausen eingereichte Volksinitiative, welche verlangt, dass die Zahl der Lektionen in der Volksschule entgegen der Absicht der Regierung nicht reduziert wird. Über diese Initiative stimmt der Kanton spätestens bis im September 2016 ab.
Budget 2016: Rot, zum letzten Mal
Im zu Ende gehenden Jahr widmete sich der Kantonsrat dann abermals einem Budget, demjenigen des Jahres 2016. Mit deutlich geringeren Nebengeräuschen als früher wurde sowohl eine Lohnerhöhung als auch eine Anhebung des Steuerfusses gutgeheissen. 2016 soll das letzte Mal sein, dass der Kanton rote Zahlen schreibt. Für 2017 sieht der Finanzplan dann ein ganz leichtes Plus vor.