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Drei-fünf, drei-sieben: What`s mieux?

Schaffhauser Nachrichten, 17.02.2005 von Andreas Schiendorfer

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Eine oder zwei Fremdsprachen an der Primarschule? Für Gesprächsstoff war gestern Abend in der Rathauslaube gesorgt.

Am Montag setzt es im Grossen Rat eine heisse Debatte: Zuoberst auf der Traktandenliste steht die Motion von Lehrer Daniel Fischer, die verlangt, dass wie bisher nur eine Fremdsprache an der Primarschule unterrichtet wird. Die zweite soll dann in der 7. Klasse folgen.

Dem steht die Meinung der EDK gegenüber. Sie erachtet zwei Fremdsprachen, die eine ab der dritten Klasse, die andere ab der fünften Klasse, als richtig und möchte dies im Zuge der Harmonisierung des Schulwesens überall umgesetzt sehen.
Mittlerweile hat sich aber in nicht weniger als zehn Kantonen organisierter Widerstand erhoben, wie Ruth Peyer vom Lehrerinnen- und Lehrerverein Schaffhausen (LSH) erklärte. Auch bei uns würden gemäss Umfrage 95 Prozent der Lehrkräfte eine Fremdsprache als sinnvoller erachten.
Die kurzfristig anberaumte Podiumsdiskussion in der Rathauslaube dürfte Teil dieses «organisierten Widerstands» gewesen sein; Diskussionsleiter Stefan Balduzzi jedenfalls machte keinen Hehl aus seinen Bedenken gegen die geplante Neuerung. Allerdings darf man allen Beteiligten, die zahlreichen Zuhörer miteingeschlossen, bescheinigen, dass sie zu einer informativen und konstruktiven Diskussion beigetragen haben. Zu bemängeln war einzig, dass sie in Mundart und nicht in der «allerersten» Fremdsprache, also Hochdeutsch, geführt wurde.
Mit Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel und Agnes Weber, Leiterin Stabsstelle Bildungsplanung Thurgau, betonten zwei Frauen, man müsse mit dem Fremdsprachenunterricht möglichst früh beginnen. Dies falle im Primarschulalter leichter und entspreche nicht nur der politischen Willensnation Schweiz, sondern einer gesamteuropäischen Strategie. In Schaffhausen würde auf Grund einer im Jahre 2001 überwiesenen Motion Englisch ab der dritten Klasse und Französisch ab der fünften Klasse unterrichtet. Rein persönlich hätte sich die Erziehungsdirektorin aber auch das Umgekehrte vorstellen können.
Neben Lehrer Daniel Fischer warnte der Zürcher Bildungspolitiker Oskar Bachmann vor einer weiteren Überforderung der Schüler. Als Unternehmer stelle er fest, dass die angehenden Lehrlinge von allem etwas, aber nichts mehr richtig könnten. Man müsse die neun obligatorischen Schuljahre für eine ganzheitliche Bildung nutzen. Die im Berufsleben nötigen Sprachkenntnisse könne man sich dann während der Lehrzeit aneignen. Fischer (und in der Diskussion auch andere Lehrer) wiesen darauf hin, wie viele neue Fächer heute den Primarschülern zugemutet werden, Geometrie, Französisch, Informatik, Sexualkunde und anderes mehr. Dies habe seine Auswirkungen. «Der normale Schüler wird zur Ausnahme», zitierte Fischer einen Artikel aus der NZZ, in welchem ausgeführt wurde, dass der Kanton Zürich mittlerweile 400 Millionen Franken für sonderpädagogische Massnahmen aufwenden müsse.
Der bildungspolitische Graben geht indes nicht, wie man nun meinen könnte, entlang der Geschlechtergrenze. Er zerreisst letztlich sogar die Parteien: Bachmann und Widmer Gysel gehören zur SVP, Weber und Fischer hingegen zur SP.
Rosmarie Widmer Gysel, erst seit kurzem im Amt, versprach in Bezug auf Finanzierung und Lehrplangestaltung Kreativität, liess sich klugerweise aber noch keine konkreten Vorschlägen entlocken. Sie forderte für sich Zeit, um in einem Gesamtrahmen eine optimale Lösung präsentieren zu können - und dies bedinge, dass man die Motion ablehne. Der Erziehungsrat habe die Möglichkeit, nötigenfalls auf die 3./7.-Klasse-Variante einzuschwenken. Offen bleibt somit die nicht unwesentliche Frage, was man zu Gunsten der Fremdsprachen reduzieren könnte.
Der Meinung der Erziehungsdirektorin, es gehe in erster Linie um das Verstehen und das Verstandenwerden und nicht um schriftliche Kompetenzen, wurde entgegengehalten, dass beim Übertritt in die Kantonsschule oder ins KV im Moment eben doch allein die schriftlichen Fertigkeiten gefragt seien. Dies führe zwangsläufig zu erhöhtem Druck. Agnes Weber betonte, es seien geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, allenfalls Fächergruppen-Lehrkräfte einzusetzen.
Wird die Motion abgelehnt, wird wohl eine Volksinitiative folgen. Was aber werden dann «wir» entscheiden? Zweifellos gibt es dafür und dawider...

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