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«Die Regierung wurstelt vor sich hin»
Schaffhauser Nachrichten, 17.09.2011 von Zeno Geisseler
Die Finanzlage des Kantons ist auch bei den Parteien ein grosses Thema, wie unsere Umfrage zeigt.
Der Kanton Schaffhausen wird in den kommenden Jahre nicht aus den roten Zahlen herauskommen. Trotzdem soll es keine Steuererhöhungen geben, und an verschiedenen Grossprojekten soll festgehalten werden. Dies sagte die Regierung diese Woche bei der Vorstellung des Kantonsbudgets 2012 und des Finanzplans 2012 bis 2015. Wir wollten wissen, was die Parteien von diesen Plänen halten. Ein zentrales Thema ist die Frage nach den Steuern. Schaffhausen ist im Vergleich zu anderen Kantonen nach wie vor teuer, doch höhere Steuern könnten helfen, das Budget ins Lot zu bringen. Soll Schaffhausen die Steuerschraube anziehen?
Mit einem ganz klaren «Nein» antwortet die bürgerliche Seite. «Das wäre der falsche Weg», sagt SVP-Präsident Werner Bolli. «Da würden wir nicht mitmachen.» Auch FDP-Präsident Nihat Tektas sagt, «eine Steuererhöhung wäre nicht richtig. Der Staat muss auf der Ausgabenseite ansetzen. Es ist wie beim Privathaushalt: Wenn man Geldprobleme hat, muss man in erster Linie versuchen, die Kosten zu senken.» SP-Präsidentin Martina Munz wiederum betont, dass wir so oder so in den sauren Apfel beissen müssen: «In den fetten Jahren hat Schaffhausen wenig investiert, Schulden zurückbezahlt und die Steuern gesenkt. Jetzt kommen schwierigere Zeiten auf uns zu mit hohem Investitionsbedarf. Wir können wählen zwischen Steuererhöhungen oder Schuldenwirtschaft.» Auch ÖBS-Präsidentin Iren Eichenberger schaut mit einem kritischen Blick in die Vergangenheit: «Rote Zahlen als unmittelbare Folge des Konjunktureinbruchs - genau davor hat die ÖBS bei der letzten Steuersenkung gewarnt. Es war absehbar, dass der Staat auf dünnem Eis steht, sobald die Steuergelder ins Stocken geraten.» Florian Keller von der Alternativen Liste ist zwar auch gegen Steuerfusserhöhungen. «Aber wir müssen jetzt Steuerschlupflöcher stopfen. In der Vergangenheit wurden vor allem die sehr hohen Einkommen entlastet. Hier ist eine Korrektur angezeigt.» Statt einer Senkung der Steuern steht für die Alternative Liste eine Senkung der Gebühren im Vordergrund: «Diese Gebühren sind unsozial, weil jeder den gleichen Betrag bezahlen muss. Der Mittelstand und Geringverdiener leiden darunter besonders.» Selbst eine Senkung der Steuern ist nicht ausgeschlossen. CVP-Kantonalpräsident Christian Di Ronco: «Gerade bei der Vermögenssteuer haben wir einen Bedarf. Da sind wir im schweizerischen Vergleich ziemlich am Schluss platziert. Zudem hat der Kanton in den letzten Jahren ein gutes Polster anlegen können. Von dem kann ruhig gezehrt werden.» Auch SVP-Präsident Bolli und FDP-Präsident Tektas unterstützen eine Senkung der Vermögenssteuer. Florian Hotz von den Jungfreisinnigen ergänzt, «die Steuerentlastungsstrategie muss weitergehen. Die Jungfreisinnigen haben die entsprechende Initiative lanciert. Es kann doch nicht sein, dass wir es nicht schaffen, die gleichen staatlichen Leistungen zumindest gleich günstig anzubieten wie unsere Nachbarn.»
«Regierung war zu spät»
Interessant ist, wie die Parteien die bisherige Arbeit des Regierungsrates einschätzen. «Es ist schwierig zu sagen, ob sie angesichts der Krise genügend unternommen haben», sagt SVP-Mann Bolli. AL-Vertreter Keller ergänzt, «wir wissen noch gar nicht, was ihm Rahmen des Entlastungsprogramms ESH 3 auf uns zukommt.» Es gibt aber auch klare kritische Voten, und zwar von links bis rechts: «Es ist nicht genau ersichtlich, was die Regierung genau unternommen hat. Gewisse Ausfälle sind schon seit Langem bekannt, doch mir scheint, dass die Regierung zu spät reagiert hat», sagt FDP-Präsident Tektas. «Der Regierungsrat hat einseitig eine Strategie der Steuersenkung verfolgt. Die Regierung wollte sogar noch einmal Reiche entlasten, als längst bekannt war, dass auf den Kanton grosse Einnahmeausfälle zukommen», sagt SP-Präsidentin Munz. «Die Regierung ist bestimmt nicht blind. Sie muss aber auch den Mut haben, dem Volk zu erklären, dass die Zeit der sinkenden Steuerfüsse vorbei ist. Es kommen nämlich erhebliche zusätzliche Kosten auf uns zu, vor allem im Gesundheitswesen», sagt ÖBS-Präsidentin Eichenberger. Die härtesten Worte jedoch gibt es von den Jungfreisinnigen: «Die Finanzdirektorin posiert mit leerem Kässeli für Pressefotos anstatt zu arbeiten», sagt Hotz. «Der Regierungsrat scheut sich, die notwendigen harten Entscheidungen zu treffen und wurstelt munter vor sich hin. Die kurzfristige mediale Wirkung und persönliche Eitelkeiten sind der Regierung wichtiger als die langfristige Weiterentwicklung des Kantons. Dies ist in höchstem Masse beunruhigend.» Leitartikel auf Seite 3