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Die fetten Jahre sind vorbei

schaffhauser az, 15.09.2011 von Bernhard Ott

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Das waren noch Zeiten, als die Schaffhauser Regierung blendende Rechnungsabschlüsse präsentieren konnte. Nun kommt alles anders: Bis 2015 wird der Kanton ein Defizit von rund 130 Millionen Franken aufhäufen.

`Eigentlich hat die Regierung erwartet, dass 2011 das schwierigste Jahr des Finanzplans 2010 - 2013 wird`, sagte Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel an einer Medienorientierung über das Budget 2012 und den neuen Finanzplan 2012 bis 2015. Nun wisse man, dass der Kanton Schaffhausen mit noch viel grösseren Defiziten rechnen müsse.
Die von der Finanzdirektorin vorgelegten Zahlen sind tatsächlich ernüchternd: Während das Budget 2011 in der Laufenden Rechnung ein Defizit von 9,4 Millionen Franken prognostiziert, sieht das Budget 2012 bereits einen Fehlbetrag von 37,8 Millionen Franken vor. Das ist aber noch nicht genug. Auch die Jahre 2013 bis 2015 werden mit einem Defizit abschliessen. Dabei dürfte das Rechnungsjahr 2013 mit einem Verlust von 43,2 Millionen Franken einen Negativrekord aufstellen.

Warum geht es dem Kanton Schaffhausen finanziell plötzlich so schlecht? Unser Kanton wird, wie praktisch alle anderen Schweizer Kantone, in den nächsten Jahren von happigen Einnahmenausfällen gebeutelt: Schon 2011 fallen zehn Millionen Franken aus, die bisher als Dividende der Axpo und als Anteil aus der direkten Bundessteuer in die Kantonskasse flossen. Ab 2012 fehlen die Beiträge der Nationalbank und aus dem Finanzausgleich. 2012 summieren sich die Ausfälle auf 34,2 Millionen Franken, 2013 und 2014 werden es sogar 45,9 Millionen Franken sein und 2015 42,5 Millionen Franken.

Mehr Fremdkapital nötig
Einnahmeneinbussen dieser Grössenordnung reissen ein grosses Loch in die Kantonskasse. Zwar sei es gelungen, die Ausgaben praktisch auf dem Niveau von 2011 zu stabilisieren, aber der massive Rückgang der Einnahmen konnte nicht aufgefangen werden, sagte die Finanzdirektorin. Das wird nicht ohne Konsequenzen bleiben: Der Eigenfinanzierungsgrad des Kantons wird sich so verschlechtern, `dass wir ab Ende 2012`, so Rosmarie Widmer Gysel, `auch Fremdkapital für die laufenden Ausgaben brauchen werden.`

Die Finanzdirektorin gibt unumwunden zu, dass ihr die drohenden Schulden Sorgen bereiten, `aber bis 2015 sind die Verluste durch das Vermögen des Kantons noch gedeckt.` Ausserdem entspreche die akkumulierte Schuld lediglich 0,8 bis 0,9 Prozent des Bruttosozialproduktes. `Das ist im internationalen Vergleich ein kleiner Wert.`

Obwohl der Kanton Schaffhausen also vor düsteren Rechnungsabschlüssen steht, will er nicht ganz auf Investitionen verzichten und dafür bis 2015 netto rund 110 Millionen Franken ausgeben. Zwar habe man verschiedene Projekte neu `priorisiert`, einige gar ganz aufgegeben, aber in den nächsten Jahren müssen trotzdem einige Vorhaben realisiert werden, die für die Zukunft des Kantons von grosser Bedeutung sind. Dazu zählt die ­S-Bahn Schaffhausen, die durch eine Entnahme aus dem sogenannten `Generationenfonds` bezahlt werden soll, wenn sich die Finanzierung aus eigenen Mitteln als unmöglich erweisen sollte.

Eine weitaus grössere Kiste ist die Erneuerung des Kantonsspitals. Sie wird rund 300 Millionen Franken kosten. Die Projektierungskosten sind bereits im Finanzplan 2012 bis 2015 enthalten, und die Regierung macht keinen Hehl aus ihrer Absicht, für die Finanzierung des Spitalneubaus eine Sondersteuer von 4,5 Prozent zu erheben. Schon das heutige Kantonsspital wurde in den Siebzigerjahren mit Hilfe einer Sondersteuer bezahlt.

Weitere Steuererhöhungen sind nicht geplant, verspricht Finanzdirektorin Widmer Gysel, aber die desolate Lage der Schaffhauser Kantonsfinanzen erlaubt auch keinen weiteren Steuerabbau, `obwohl wir eigentlich einen Handlungsbedarf hätten`. Die Regierung hat dieses Lieblingsprojekt allerdings noch nicht ganz aufgegeben und beantragt daher dem Kantonsrat nur die `Sistierung` bis zur Behandlung des Finanzplans. Sollte sich die Situation ändern, würde sie auf den Entscheid zurückkommen.

Da dem Kanton einnahmenseitig die Hände gebunden sind, wenn er die Steuern nicht erhöhen will, kann er nur noch bei den Ausgaben das Messer ansetzen. Schon bei der Budgeterstellung hatte die Finanzdirektion den Ukas ausgegeben, dass in der Laufenden Rechnung gegenüber dem Budget 2011 trotz zusätzlicher Ausgaben im Gesundheitsbereich kein Mehraufwand erlaubt sei. Diese Vorgabe konnte nahezu verwirklicht werden (Aufwand 2012: 655 Millionen Franken, Aufwand 2011: 650 Millionen Franken).

Zudem startete die Regierung das Entlastungsprogramm `ESH3`, das bis 2015, gestaffelt in drei Schritten, Einsparungen von rund 22,5 Millionen Franken bringen soll. Um zum Ziel zu kommen, möchte Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel die `Kreativität der Mitarbeiter` mobilisieren. Sie sollen in ihren Tätigkeitsbereichen `die grössten Kostentreiber und verbesserungswürdigen Prozesse` ermitteln, damit am Ende zehn Prozent des Verwaltungsaufwands eingespart werden können. Dass aber selbst in der Regierung Zweifel an der Realisierbarkeit bestehen, wurde aus einem Votum der Gesundheitsdirektorin Ursula Hafner-Wipf deutlich, der politisch Verantwortlichen für die Schaffhauser Spitäler: `Wir haben nicht so viel Luft in unserem Budget. Wenn es zehn Prozent sein müssen, dann geht das nur mit einem Leistungsabbau.

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