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Der Streit um das Budget geht weiter

Schaffhauser Nachrichten, 14.04.2015 von Zeno Geisseler und Claudia Härdi

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Harte Debatte: SVP-Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel (links) diskutiert kurz nach Bekanntgabe des Volksneins am Sonntag mit SP-Kantonsrätin Martina Munz, beobachtet von SP-Kantonsrat Matthias Freivogel. Bild Zeno Geisseler

Kurz nach dem Volksnein zum Budget 2015 des Kantons Schaffhausen liebäugelt eine Partei bereits mit einem neuen Referendum.

Mit 54,4 Prozent Nein-Stimmen hat das Schaffhauser Volk am Sonntag das Budget 2015 des Kantons Schaffhausen versenkt. Nun geht das Budget zurück in die Regierung, welche noch vor den Sommerferien eine überarbeitete Fassung ins Parlament bringt. Vielleicht hat aber auch das Volk nochmals das letzte Wort: «Sollte der Kantonsrat im neuen Budgetvorschlag höhere Steuern beschliessen, überlegen wir ernsthaft ein Referendum», sagt FDP-Kantonalpräsident Marcel Sonderegger. Viele der FDP-Stammwähler hätten am Sonntag gegen das Budget gestimmt, und zwar, weil ein höherer Steuerfuss vorgesehen gewesen sei. Für Unmut sorge auch, dass das Staatspersonal mehr Lohn erhalten solle. «In der Industrie müssen alle länger arbeiten, und beim Staat gibt es mehr Geld. Das wird nicht goutiert», sagt Sonderegger, und er ergänzt mit Blick auf die Freigabe des Frankens gegenüber dem Euro: «Seit dem 15. Januar sieht die Welt anders aus.» Dass der Kanton bei einem erneuten Referendum noch länger als jetzt schon ohne Budget dastehen würde, sei kein Problem, sagt er: «Man spart nie so viel, wie wenn man gar kein Budget hat.»

Kampf gegen höhere Steuern

Im Kampf gegen höhere Steuern steht die FDP nicht alleine da. Auch die EDU und die SVP wollen die Steuern so tief wie möglich halten. SVP-Parteichef Pentti Aellig betont: «Unsere Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel hat es ja deutlich gemacht: Die Linke kommt nicht auf einen Wähleranteil von über 54 Prozent. Auch viele bürgerliche Wähler haben also ein Nein eingelegt. Ein grosser Teil war gegen höhere Steuern und will, dass mehr gespart wird.» Das sei auch die Stossrichtung in der nun anstehenden neuen Budgetdebatte. «Wenn die Bürgerlichen zusammenstehen, dann klappt das auch», ist Aellig überzeugt. «Beim letzten Mal sagten sich viele bürgerliche Kantonsräte noch: Wir beissen in den sauren Apfel und stimmen dem Budget zu. Jetzt werden sie kein Risiko mehr eingehen und von vornherein höhere Steuern ablehnen.»

Steuerkompromiss ist ausgereizt

In den sauren Apfel gebissen haben auch die Kantonsratsmitglieder der Jungen SVP. Obwohl sich Kantonsrat Ueli Werner, Präsident der Jungen SVP Schaffhausen, klar gegen eine Steuererhöhung ausgesprochen hat, ging die Fraktion letztlich auf den Kompromiss mit der zweiprozentigen Steuererhöhung ein, wie er sagte. Seine politische Stossrichtung sieht er in den Reaktionen aus der Bevölkerung sowie in diesem Abstimmungsresultat bestätigt. «Viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben das Budget aufgrund der Steuererhöhung und der gleichzeitigen Lohnerhöhung des Staatspersonals abgelehnt», so Werner. Doch jetzt gehe es vorerst darum dass das neue Budget so schnell wie möglich dem Kantonsrat vorgelegt werde, sagt er. Als einzige bürgerliche Partei hatten die Jungfreisinnigen die Nein-Parole ausgegeben, weil sie sich gegen höhere Steuern aussprachen. Entsprechend gross ist die Freude bei Präsident Marcel Montanari über das Volksnein: «Das war in unserem Sinn, wir fühlen uns in unserer Politik bestätigt.» Dieses Budget sei nicht mehrheitsfähig gewesen. «Gewisse Regierungs- und Kantonsräte müssen nun aufhören, immer mit dem Kopf durch die Wand zu wollen.» Im grösseren Kontext, etwa, wenn man die gescheiterte Energievorlage miteinbeziehe, zeige sich eben, dass gewisse Minderheitsmeinungen im Parlament beim Volk eine Mehrheitsmeinung seien. Wenn das Budget wieder in den Kantonsrat kommt, ist für die Jungfreisinnigen die Stossrichtung klar: «Eine ausgeglichene Rechnung, aber keine Steuererhöhung.» Sparpotenzial gebe es an vielen Orten, bei der Pädagogischen Hochschule, in der interkantonalen Zusammenarbeit, bei den Löhnen oder auch beim Lehrplan 21. «Nun ist es aber an der Regierung, Vorschläge zu machen. Wir behalten uns vor, korrigierend einzugreifen.»

Juso fordert Rücktritt

Die Juso fordert nach dem deutlichen Resultat vom Sonntag sogar den Rücktritt von SVP-Finanzdirektorin Rosmarie Widmer Gysel. «Jahrelange Steuergeschenke an Reiche, falsche Versprechungen und radikaler Leistungsabbau, so kann die Finanzpolitik von Rosmarie Widmer Gysel zusammengefasst werden», teilte die Juso noch am Sonntag mit. Nun habe Widmer Gysel die Quittung erhalten und müsse die Konsequenzen ziehen, also abtreten. Ebenso soll der Kanton gemäss Juso die Steuersenkungen der letzten Jahre wieder rückgängig machen. Die SP selbst hatte zuvor wiederholt betont, dass alle Nein-Stimmen in ihrem Sinne zu zählen seien, denn SP und Juso hätten ja das Referendum gegen das Budget ergriffen. Ein Nein der Mehrheit ist in den Augen der Linken also ein Votum gegen Kürzungen in der Pflege und der Bildung und letztlich auch ein Nein zum Entlastungsprogramm 2014.

«Schallende Ohrfeige»

Aus der Sicht der Alternativen Liste wiederum ging es am Sonntag vor allem um das Entlastungsprogramm 2014 (welches die AL als ESH4 bezeichnet): «Wenn es nach Regierung und Kantonsrat ginge, hätte das Volk sich noch gar nie über ESH4 äussern dürfen. SP und Juso ist es zu verdanken, dass das Budget 2015 überhaupt zur Abstimmung kam und es zu einem klaren ersten Verdikt über das Sparprogramm ESH4 kommen konnte», schreibt AL-Kantonsrat Till Aders. «Der Regierungsrat fängt mit der Abstimmung eine schallende Ohrfeige ein. Er muss jetzt umgehend die Konsequenzen ziehen und das Sparbeil begraben. Jede andere Reaktion lässt Zweifel darüber aufkommen, ob diese Regierung noch in der Lage ist, unseren Kanton zu regieren.» Wer nicht auf die bekämpften Sparmassnahmen zurückkomme, werde nächstes Jahr bei den Gesamterneuerungswahlen die Rechnung präsentiert bekommen.

Kein politischer Gewinn

Nebst der SP und der Juso hat auch die ÖBS die Sparpolitik der Regierung und des Kantonsrats bekämpft. Das Budget 2015 hat die Partei letztlich nur mit einem grossem Vorbehalt befürwortet. «Unserer Ansicht nach war der politische Gewinn nicht vorhanden», sagt Stefan Bruderer, Vizepräsident der ÖBS. Das Budget 2015 abzulehnen, sei ein Weg mit Risiken und Nebenwirkungen. Zudem sei das Budget noch gar nicht von den geplanten happigen Sparmassnahmen betroffen, schrieb Bruderer anlässlich der Parolenfassung der Partei. Dass das Budget 2015 nochmals überarbeitet werden muss, stimmt ÖBS-Präsident Jürg Biedermann hingegen positiv. Die Volksabstimmung zeige deutlich, dass die Bevölkerung wisse, was sie wolle. Der Teilerfolg der SP sei aber ein zweischneidiges Schwert, räumte er ein. Es könnte durchaus sein, dass in der nächsten Budgetdebatte Beschlüsse gefasst würden, die mehr Schaden als Nutzen bringen könnten. Die ÖBS werde ihre Linie auch in der nächsten Budgetdebatte verfolgen. «Der Fokus liegt bei der Bildung. Wir wollen keinen Bildungsabbau», sagte Biedermann. Ebenso will die Partei ein besonderes Augenmerk auf den Spitalbereich legen, eine Steuererhöhung und eine Lohnerhöhung der Staatsangestellten unterstützen. Die Sparmassnahmen in der Bildung zu verhindern, war auch das Ziel der EVP, die das Budget jedoch als einen Kompromiss betrachtete. Dementsprechend zeigte sich EVP-Kantonsrat Rainer Schmidig über den Volksentscheid alles andere als erfreut. Die EVP werde in der nächsten Budgetsitzung eine Steuererhöhung befürworten. Die dürfe auch höher ausfallen als die derzeit vorgeschlagenen zwei Prozent. Ebenfalls werde sich die EVP für eine Lohnerhöhung der Staatsangestellten einsetzen. Gerade in Zeiten, wo gespart werde, werde von den Angestellten auch mehr Leistung erwartet. «Das geht nur, wenn man diese Leistung auch dementsprechend entlöhnt», argumentierte Schmidig.

«Fehler»

Ueli Böhni, Co-Präsident der Schaffhauser Grünliberalen, findet, das Referendum sei ein Fehler gewesen: «Das Budget war eigentlich ein guter Kompromiss», sagt er. Man könne auch nicht eindeutig feststellen, weshalb die Leute Nein gestimmt hätten. Die Argumente von beiden Seiten hätten eine Rolle gespielt. Nun gelte es, wieder einen Kompromiss zu finden, der Handlungsspielraum sei jedoch klein: «Wir», sagt Böhni, «erwarten jedenfalls keine wesentlich andere Lösung.»

Originalbericht SN