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Der Aufstand in der Randregion

Schaffhauser Nachrichten, 21.03.2018 von Luc Müller

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«Frau Regierungs­rätin. Sie ­haben den Teufel an die Wand gemalt.» Hans Rudolf Stamm Gemeindepräsident Schleitheim

«Die Lösung, die jetzt auf dem Tisch liegt, ist ökonomisch.» Rosmarie Widmer Gysel Regierungsrätin

Das geplante Ausbildungszentrum für Zivilschutz und Feuerwehr in Beringen gibt Anlass zu Diskussionen. Schleitheim, wo die Ausbildung bislang stattfindet, fühlt sich vernachlässigt, wie ein Podium gezeigt hat.

Am Montagabend im Kleeblattsaal in Löhningen. Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel nuckelte am Finger und erklärte: «Wir haben nicht einfach einen Finger in die Luft gehalten und irgendein Konzept erarbeitet. Seit 2014 haben wir daran gearbeitet.» Und die Finanzchefin des Kantons Schaffhausen weiter: «Wir haben auch mit den Gemeinden Beringen und Löhningen intensive Gespräche geführt. An dieser Stelle entschuldige ich mich übrigens bei der Gemeinde Schleitheim, die bei der Planung nicht miteinbezogen wurde. Die Lösung, die jetzt auf dem Tisch liegt, ist ökonomisch. Das ist schlussendlich der entscheidende Punkt. Mit dem Zusammenführen der verschiedenen Parteien in ein gemeinsames Bauwerk sparen wir rund zwei Millionen Franken ein.» Im gut gefüllten Saal wird das Gesicht des Schleitheimer Gemeindepräsidenten Hans Rudolf Stamm immer länger. Seine markige Replik: «Frau Regierungsrätin. Sie haben eben den Teufel an die Wand gemalt. Es ist nicht alles so schlecht in Schleitheim, wie Sie es geschildert haben.»

Verlust für Schleitheim

Beim kontroversen Thema, das am Montag auf Einladung der Interessengemeinschaft (IG) Lebensraum Klettgau diskutiert wurde, handelte es sich um die Pläne des Regierungsrates, in Beringen für rund 19 Millionen Franken ein neues Ausbildungszentrum für Zivilschutz und Feuerwehr zu erstellen. An der Podiumsdiskussion nahmen neben Stamm und Gysel auch Kurt Blöchlinger (Polizeikommandant Schaffhausen), Corinne Maag (Gemeinderätin Beringen), Erich Schudel (Kantonsrat Beggingen) und Regula Widmer (Kantonsrätin Beringen) als Moderatorin teil.

Konkret soll der Neubau auf dem Werkhof des Elektrizitätswerks des Kantons in Beringen entstehen. Auf dem Gelände sollen zudem das kantonale Feuerwehrinspektorat, der Wehrdienstverband Oberklettgau mit den Feuerwehren Beringen und Löhningen sowie die Abteilung für Bevölkerungsschutz und ­Armee einquartiert werden.

Bislang gibt es zwei Standort für die Aufgaben, die neu in Beringen zentralisiert werden sollen: auf dem Areal Zeughaus auf der vorderen Breite in der Stadt Schaffhausen und in Schleitheim im Gebiet Oberwiesen. In Oberwiesen finden Kurse für den Zivilschutz und die Feuerwehrangehörigen statt. Nun soll also der Standort Schleitheim längerfristig geschlossen werden und nach Beringen verlegt werden. «Der Kanton will einen optimalen Standort verlassen. Hier gibt es eine lärmige Trümmerpiste, auf der Einsätze geübt werden. Diese soll nach Eröffnung des neuen Ausbildungszentrums vorerst noch hier bleiben, weil es in Beringen noch keinen Standort für eine Trümmerpiste gibt. Man baut ein neues Zentrum und kann nicht mal alle Ausbildungen anbieten, das ist doch nicht optimal», wetterte Stamm.

Bisher habe es rund 200 Ausbildungstage pro Jahr allein vom Zivilschutz in Schleitheim gegeben. Später sollen noch an rund 30 Tagen im Jahr auf der Trümmerpiste Ausbildungen stattfinden. «Die Zivilschützer waren wichtig für die Gastronomie bei uns. Nun soll alles einfach wegfallen, nur weil der Kanton einmal mehr die Randregionen ausdünnen will», doppelte der Gemeindepräsident von Schleitheim nach.

Kritik an Zentralisierung

Unterstützung erhielt er vom Begginger Kantonsrat Erich Schudel: «Die Tendenz ist eindeutig. Der Kanton zentralisiert alles auf die Achse Thayngen–Schaffhausen–­Beringen. Das auf Kosten der Randregionen.» Alles zu zentralisieren sei das Wunschdenken, eine Luxuslösung. «Meist wird es nicht günstiger nach einer Zusammenlegung, weil die Professionalisierung gesteigert wird, was teuer ist», so Schudel. Er favorisiere, dass der Zivilschutz in Schleitheim bleibe und dort stattdessen eine Sanierung stattfinde.

Schudel sass in der Spezialkommission zu diesem Geschäft des neuen Ausbildungszentrums – die Kommission hat den Antrag des Regierungsrates genehmigt. Nun kommt die Vorlage in den Kantonsrat, der darüber entscheiden wird. Konkret muss der Kantonsrat einen Kredit in Höhe von drei Millionen Franken für den Mieterausbau der Abteilung Bevölkerungsschutz und Armee im Ausbildungszentrum und die Beteiligung an den Grundstückskosten bewilligen. Nach Plan des Regierungsrates soll das neue Ausbildungszentrum in Beringen ab 2021 in Betrieb sein. Die Hauptkosten von 19 Millionen Franken trägt die kantonale Gebäudeversicherung als Hauptinvestorin mit 15 Millionen Franken. Die Gemeinden Löhningen und Beringen haben ihrerseits 1,1 Millionen Franken bereits genehmigt. «Für uns ist das neue Ausbildungszentrum eine optimale Lösung», argumentierte die Beringer Gemeinderätin Corinne Maag. In Beringen sind das Feuerwehrmagazin und der Werkhof sanierungsbedürftig – diese Anlagen sollen auf dem Areal des neuen Ausbildungszentrums integriert werden. «Wir haben bei der Lösung vor allem auch an uns gedacht und nicht an Schleitheim», gestand Maag.

Umzonung geplant

«Wenn das Areal in Schleitheim frei wird, bietet das Chancen für die Gemeinde», warb Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel. Die beiden Areale in Schleitheim sind in Besitz des Kantons, ein grosser Teil, der von der Gebäudeversicherung genutzt wird, könnte von der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen dereinst in eine Industriezone umgezont werden. Von den Gewerbetreibenden in Schleitheim habe sie bereits positive Signale dafür erhalten. Die Regierungsrätin erklärte zudem, dass die Pläne fallen gelassen wurden, hier eventuell einen Platz für Fahrende einzurichten, der im Kanton Schaffhausen noch fehlt. «Bei der Nachnutzung des Areals in Schleitheim werden wir die Gemeinde miteinbeziehen. Das verspreche ich hoch und heilig», betonte die Regierungsrätin.