Unternavigation
Das 16. Schaffhauser Jazzfestival ging am Samstag mit einem Bigband-Feuerwerk zu Ende. Event oder Ereignis?
Schaffhauser Nachrichten, 23.05.2005 von Afred Wüger
Das Schaffhauser Jazzfestival und sein Erfolg
Schon um Mitternacht wurde am Schlussabend das Equipment der NDR-Bigband in den Laster verladen. Auch das diesjährige Festival bot eine äusserst vielfältige Werkschau des Schweizer Jazz, wie sie in Schaffhausen zur guten Tradition geworden ist. Von Ania Losingers auf dem Bodenxylofon getanzten «New Ballet for Xala» über urbane Soundcollagen bis zu den im TapTab-Musikraum präsentierten, mit Livesound vertonten Kurzfilmen reichte die Spannweite. Es wurde durchweg hochwertige Musik geboten, die hier und dort sogar Weltklasseniveau erreichte.
Neben den unbestrittenen Höhepunkten wie dem Matthieu Michel Quartet am Donnerstag und dem Henry-Sokal-Trio am Freitag gab es anderseits auch Gigs - und das unterstreicht die Bandbreite des Schaffhauser Jazzfestivals - , über die sich die Kritiker angeregt unterhielten, z. B. den existenzialistisch angehauchten Soloauftritt des Gitaristen Vinz Vonlanthen. Sonst jedoch hielten sich kontroverse Reaktionen auf das Gehörte in Grenzen. Hat der grosse Erfolg, der dem Schaffhauser Jazzfestival mittlerweile beschieden ist, diesem die Zähne gezogen?
Der Erfolg und die Kehrseite
«So viele Leute hatten wir, glaube ich, noch nie in der Halle», sagte Urs Röllin. «Wir sind an eine Grenze gestossen, es hatte sogar keine Stühle mehr.» Ohne Zweifel: Das Schaffhauser Jazzfestival, das vor 15 Jahren ein beinahe anarchisches Ereignis war, dessen Macher Urs Röllin und Hausi Naef ausgezogen waren, um die höchst lebendige Schweizer Jazzszene zu dokumentieren, ist gross geworden und hat sich von einer von Pioniergeist geprägten Randerscheinung den Weg in die öffentliche Wahrnehmung erkämpft, ja nicht nur das: Es ist ein Aushängeschild für Schaffhausen geworden.
Kanton und Stadt sponsern
Regierungsrätin und Kulturdirektorin Rosmarie Widmer Gysel brachte es am dritten Abend der diesjährigen Jazzgespräche in der «Sommerlust» auf den Punkt: «Wir sehen in der finanziellen Unterstützung des Jazzfestivals auch eine Möglichkeit, Schaffhausen national bekannt zu machen.» Mit 70 000 Franken unterstützt der Kanton das Jazzfestival mittlerweile, und die Stadt steuert 25 000 Franken bei. Diese schwerpunktmässige Unterstützung kann sich im nationalen Vergleich durchaus sehen lassen, Urs Röllin sagt denn auch: «Seit zwei Jahren haben wir tolle Voraussetzungen zum Arbeiten.»
Das Schaffhauser Jazzfestival ist ein grosses Festival, und es ist höchst verdienstvoll, dass die Macher und ihre Helferinnen und Helfer auf diesem langen Weg bis zum nunmehrigen Durchbruch in die breite Anerkennung durchgehalten haben. Zu dem geworden, was es ist, nämlich die bedeutendste Werkschau des Schweizer Jazz, ist es dadurch, dass es immer auch Werkplatz war, wo es Raum gab für Avantgarde und Experimentelles. Es wird in der Zukunft sehr interessant sein, zu sehen, wie die Macher es schaffen, diese Tradition weiterhin aufrechtzuerhalten. Denn der Erfolg verpflichtet. Das Schaffhauser Jazzfestival soll ja weiterhin Forum sein für neue, junge, wilde Bands, und die Schweiz erwartet gespannt, wie dieser Spagat vollzogen wird: Werkschau hier, Werkplatz da, und welche neuen Formen dabei entstehen, wenn man in der Eventlandschaft ein Ereignis ist und bleiben wird.
Die Jazzgespräche sind Forum
Dieses Jahr wurden die Schaffhauser Jazzgespräche in der «Sommerlust» zum zweiten Mal durchgeführt. Sie waren durchweg sehr gut besucht und bewegten sich auf hohem Niveau. Manchmal prallten die Meinungen der Teilnehmenden aus Kunst und Politik fast auf unvorhersehbarere Weise zusammen als auf der Musikbühne ... Einen bedenkenswerten Anstoss gab dabei der von der Pro Helvetia «prioritär» geförderte Schlagzeuger Lucas Niggli: «Ich wünsche mir einen Schweizer Jazzpreis in den verschiedensten Kategorien.» Auf Wiedersehen am Jazzfestvial 2006.