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Chancengleichheit schaffen

Schaffhauser Nachrichten, 04.05.2008 von Robin Blanck

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Der Vorschlag versetzte Eltern und Lehrer in helle Aufregung: In Zukunft soll der Übertritt von der Primar- in die Sekundarstufe wieder über eine Prüfung erfolgen. Einen entsprechenden Antrag hat der Stadtschulrat Mitte März beim Erziehungsrat eingereicht. Und dies, obwohl der Wechsel zum sogenannten prüfungsfreien Übertritt im Kanton Schaffhausen erst vor fünf Jahren erfolgte. Damals schwenkte Schaffhausen als einer der letzten Kantone auf dieses Verfahren ein, manch einer fürchtet nun eine Rückkehr in die Vergangenheit. Heute wird aufgrund einer Zuweisung durch den Primarlehrer entschieden, ob der Weg nach der 6. Primarklasse in der Sek oder der Real weitergeht. Dabei wird im wesentlichen auf Erfahrungen aus der 5. und der 6. Klasse abgestützt. Beim Vorschlag des Stadtschulrats steht nicht die Wiederbelebung des Examens alter Prägung im Vordergrund, angeregt wird vielmehr ein Beurteilungssystem, das auf verteilten Zwischenprüfungen basiert.

Erste wichtige Weichenstellung wird vorgenommen

Dass im Kanton Schaffhausen weniger Schülerinnen und Schüler als in anderen Deutschschweizer Kantonen den Sprung in die Sekundarschule schaffen, ist kein neues Problem und beschäftigt Behörden und Parlament schon mehrfach. Umso wichtiger ist es, dass hier endlich etwas geschieht: Die Zuteilung in die Sekundar- oder die Realschule ist zwar keine absolute Aussage über die berufliche Zukunft eines Kindes. Dennoch wird mit dieser Selektion eine erste Weichenstellung vorgenommen, die entscheidende Auswirkungen auf den weiteren Ausbildungsverlauf hat.
Im Kanton Schaffhausen unterscheiden sich die Ansprüche an die Schüler in den einzelnen Gemeinden offenbar derart voneinander, dass der Prozentsatz jener Schüler, die den Sprung in die Sekundarschule schaffen, teilweise markant tiefer liegt als in den vergleichbaren Kommunen. Diese Abweichungen lassen sich nicht allein mit den verschiedenen Ausgangslagen - etwa einem höheren oder tieferen Anteil fremdsprachiger Kinder in einer Gemeinde - erklären, sondern haben konkret mit den Ansprüchen in den jeweiligen Schulen, bei den jeweiligen Lehrpersonen zu tun. Wenn man eine Verbesserung herbeiführen will, muss dort angesetzt werden. Das Ziel kann nur eine - im Rahmen des Möglichen - weitgehende Gleichbehandlung der Kinder sein. Denn eines dürfte klar sein: Der Wohnort darf am Ende nicht über die Zukunft eines Kindes mitbestimmen. Obwohl der prüfungsfreie Übertritt nicht eingeführt wurde, um die Sekundarschülerquote zu erhöhen, liegt bei dieser Schwelle offenbar der Hase im Pfeffer: Mit seinem Vorschlag will der Stadtschulrat nun Anpassungen am Übertrittsverfahren anregen. Er hätte, wie Stadtschulratspräsident und Schulreferent Urs Hunziker dies richtigerweise mit seiner Vernehmlassung vorgesehen hatt - aber zuvor durchaus die Meinung der Lehrpersonen einholen können, die mit dem Verfahren betraut sind.

Vergleichbarkeit könnte subjektive Beurteilung abfedern

Der Vorschlag liegt nun aber auf dem Tisch: Eine stärkere Standardisierung und damit eine bessere Vergleichbarkeit der Leistungen soll über ein prüfungsbasiertes Verfahren erreicht werden. Denn mit solchen auch interkantonal vergleichbaren Tests dürften sich jene Ungleichheiten, die aufgrund der persönlichen Beurteilung und Gewichtung durch die einzelnen Lehrpersonen entstehen, reduzieren lassen. Dieser vom Stadtschulrat aufgezeigte Weg ist eine Möglichkeit, die Ansprüche über die Definition und die Kontrolle von Standards anzugleichen. Gleichzeitig sei angemerkt, dass die frühere Sekprüfung auch ihre Vorteile hatte: Die starken Schüler wurden von den Lehrern empfohlen, die Wackelkandidaten konnten zur Prüfung antreten und sich mit Engagement den Übertritt verdienen. Auch das war eine Lektion für das Leben.
Wenn man nun wieder zum prüfungsbasierten System zurück will, um die Chancengleichheit zu gewährleisten, dann sollte man sich allerdings gut überlegen, ob dieses Ziel nicht auch mit einfacheren Massnahmen erreicht werden könnte als mit der Umkrempelung eines erst vor kurzem mit beträchtlichem Aufwand eingeführten Verfahrens. Vielleicht wäre es einfacher, die Probleme dort anzupacken, wo die Probleme sind: in jenen Gemeinden, die stark vom Durchschnitt abweichen. Die Behörden sind aufgefordert, Lösungen zu präsentieren.
Eines dürfte klar sein: Der Wohnort darf am Ende nicht über die Zukunft eines Kindes mitbestimmen.

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