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Bosch lässt hinter die Verpackung blicken
Klettgauer Zeitung, 18.04.2011 von Conradin Leeser
Mit dem PackFestival lud Bosch die Bevölkerung am Samstag zu einer Ent-deckungsreise durch das Unternehmen ein.
Verpacken, Einwickeln, Umhüllen, das ist die Kernkompetenz von Verpackungskünstlern. Die Bekanntesten: wohl Christo und Jeanne-Claude, das Ehepaar mit verhülltem Bundestag und eingewickelten Bäumen. Die Schnellsten: Frauen und Männer aus Beringen, die einstigen SIGler, heute unter der Leitung der Bosch Packaging Systems AG. Oder besser: ihre Maschinen. 165 Schokoladetafeln in einer Minute schaffen sie. 25 Müesliriegel pro Sekunde. Zuerst hops in die Plastikhülle und dann auch gleich noch in den Verkaufskarton. Ruckzuck, zackzack. Im Tempo des vom Panther gehetzten Affen. So schnell, dass sogar Ueli Maurers beste Armee der Welt ins Schwitzen kommt: Schneller als ein Maschinengewehr sei sie, seine Riegelverpackungsmaschine. Produktmanager Detlef Gottstein erklärt es nicht ohne Stolz, nur um sogleich einen weiteren Vergleich herbeizuziehen: «Das menschliche Auge registriert 24 Bilder pro Sekunde, wir verpacken 25 Riegel in der gleichen Zeitspanne.» Zu schnell für die gegen fünftausend Besucher des am vergangenen Samstag in Beringen von Bosch realisierten PackFestivals - zu gut Deutsch Tag der offenen Tür und öffentliche Einweihung des neuen Bürokomplexes zugleich. Um den Verpackungsvorgang augenfällig zu machen, mussten die Profis das verpackende Wunderwerk entsprechend auf einen Viertel seiner vorgesehenen Produktionsgeschwindigkeit drosseln. «Sonst würde es Bumm machen, und alles wäre eingepackt», so Gottstein mit einem Schmunzeln. Gross und Klein verdankte die Entschleunigung mit glänzenden Augen und dem einen oder anderen vernehmbaren «Wow!». Wow auch deshalb, weil die Besucher in den Genuss einer exklusiven Vorpremiere kamen: Die Maschine wird offiziell erst nächsten Monat in Düsseldorf vorgestellt.
Eine Reise durch die Boschwelt
Die Entdeckungs- und Erlebnisreise durch das Unternehmen, das am Standort Beringen Verpackungslösungen sowohl entwickelt als auch betreut und damit neu die Geschäftsbereiche Bosch Packaging Systems, Bosch Packaging Services und Bosch Pouch Systems unter einem Dach vereint, bot indes weit mehr als den einen verpackenden Publikumsmagneten: Auf dem beschilderten Rundgang konnte die Tochter schon einmal auf dem Bürostuhl des Vaters Probe sitzen, die Mutter dem Sohn bei der Präsentation seines Lehrberufs über die Schulter schauen und konnten Ehemalige den technischen Fortschritt bestaunen. Oder auch einfach nur die grosse Zahl an Sitzungszimmern, einzeln benannt nach Schweizer Alpenpässen. Grimsel, Furka, Oberalp. Drinnen: Die Baugeschichte des Werks von 1954 bis 2011 beispielsweise - gerafft auf sechs Filmminuten. Zeiteffizienz in Perfektion. Schneller und spektakulärer? Nur noch der Platz ganz vorn, im Cockpit: Mittels Flugsimulator konnte Jung und Alt den Puls im Nu auf Reiseflughöhe trimmen. Und den Adrenalinspiegel im Anschluss gleich wieder selbst ins Lot bringen, indem mithilfe eines von einer Bohrmaschine betriebenen Apfelschälers den süssen Früchtchen auf die Pelle gerückt wurde. Verspeisen inklusive. «Die Besucher sollen eben auch sehen, was unser Konzern ausserhalb Beringen macht - in der Boschwelt zeigen wir deshalb Exponate, die nichts mit der Verpackungswelt zu tun haben, eben beispielsweise einen Flugsimulator oder Navigationssysteme», so Brigitte Salm, Mitglied des Organisationskomitees des PackFestivals und bei Bosch Packaging tätig als Projektleiterin im Marketing. «Verpackungsmaschinen sind schliesslich nur ein ganz kleiner Teil dessen, wofür Bosch steht - uns kennt man ja vor allem auch von Haushaltgeräten wie Kochherden oder Bohrmaschinen.»
Länderübergreifendes Miteinander
Vor 150 Jahren wurde Firmengründer Robert Bosch in Ulm geboren, 1866 legte er in Stuttgart den Grundstein für den heutigen Grosskonzern - ein echt deutsches Unternehmen eben. Eine Anwandlung von Multikulti also, dass 125 Jahre später die Landfrauen Oberklettgau im Personalrestaurant Kaffee ausschenken und Lisa Stoll im Festzelt mit ihrem Alphorn urschweizerische Töne anschlägt? Brigitte Salm, selbst Grenzgängerin aus dem nahen Deutschen, dementiert: «Wir fühlen uns hier in Beringen nach wie vor als Schweizer Firma» - auch wenn seit Februar dieses Jahres anstelle des Schriftzugs der SIG jener von Bosch am Gebäude prange. Klar sei allerdings, dass in den Köpfen sowohl Ehemaliger als auch Kunden, ja sogar intern, die SIG immer noch präsent sei. Auf das Verhältnis zwischen Deutschen und Schweizern wirke sich das allerdings nicht negativ aus, im Gegenteil: «Deutsche Kollegen aus dem Werk Crailsheim sind eigens per Bus angereist, um mit uns zu feiern.» 300 Kilometer hin. 300 Kilometer zurück.
Familien und Freunde zu Gast
Bedeutend näher hatte es da Regierungsrätin Rosmarie Widmer Gysel, die sich - als Klettgauerin fast schon in Gehdistanz zum Werk zu Hause - mit Mann und Enkelkindern ebenfalls unter die Festbesucher mischte: «In allererster Linie bin ich hier, weil mein Mann bei Bosch arbeitet und ich mit den Enkeln schauen möchte, wie die Schoggi verpackt wird.» Selbstverständlich würde es sie - ganz Exekutivpolitikerin - aber auch freuen zu sehen, dass sich derart viele Leute für die Arbeit hiesiger Unternehmen interessieren und damit auch die regionale Verankerung ebendieser unterstreichen. Diese Freude teilt auch Entwicklungsprojektleiter Thomas Czioska, der - wie viele andere Mitarbeitende auch - die geöffneten Hallen dazu nutzte, Freunden und Familie Einblick in seine Arbeit zu gewähren: «Es ist einfach ein sehr schönes Gefühl, den Leute zu zeigen, was man macht - mein kleines Baby zu präsentieren.» Sagts und wendet sich wieder seiner Verpackungsmaschine zu.