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Bildung beinhaltet fördern und fordern
Schaffhauser Nachrichten, 15.01.2008 von Walter Joos
Kommentar
An der ersten Sitzung des Kantonsrates im neuen Jahr haben sich die Volksvertreter wohl einer der wichtigsten Vorlagen der sich dem Ende zuneigenden Legislaturperiode zugewandt. Nachdem die bisher im Bereich der Volksschule geltenden rechtlichen Grundlagen aus den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts stammen, war das Eintreten auf die von der Regierung entworfenen und in den letzten zwölf Monaten von einer Spezialkommission geprüften und in verschiedenen Punkten überarbeiteten Vorlagen zur Schaffung eines Bildungsgesetzes und zur Revision des Schulgesetzes unbestritten. Es besteht offensichtlich das dringende Bedürfnis, das Bildungswesen im Kanton zu reformieren und auf eine neue Basis zu stellen.
Es besteht wohl kein Zweifel: Die Ansprüche an die Schule und an die dort tätigen Lehrpersonen haben im Laufe der vergangenen Jahrzehnte erheblich zugenommen. Bis zu welchem Punkte das neue Bildungsgesetz und das revidierte Schulgesetz den vielfältigen Bedürfnissen gerecht werden können, wird sich weisen. Der gutgemeinte Versuch, die oft mangelhafte Erziehung im Elternhaus mit Hilfe besonders intelligenter Strukturen in den Volksschulen wettzu-machen, stösst nämlich in der Praxis immer wieder an Grenzen. Die staatliche Schule kann erzieherische Defizite in den Familien auch in Zukunft nur zu einem kleinen Teil wettmachen.
Die dem Parlament angehörenden Volksvertreter sind aus diesem Grunde gut beraten, wenn sie im Rahmen der aktuellen Reform des Bildungswesens nicht nur bestrebt sind, möglichst viele Wünsche zu erfüllen, sondern gleichzeitig auch den Mut aufbringen, unterschiedliche Rollen klarzulegen und beim staatlichen Engagement erkennbare Grenzen zu setzen. Bildung kann eben nicht nur konsumiert werden. Die Schule ist vielmehr eine Stätte, die sowohl fördert als auch fordert. Daran sollten wir auch bei der Ausgestaltung neuer rechtlicher Grundlagen denken.