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Veränderte Ausgangslage: Marschhalt bei den steuerlichen Entlastungen
19.04.2011 von Rosmarie Widmer Gysel
Der Regierungsrat unterbreitet dem Kantonsrat eine Ergänzung zur Steuergesetzvorlage mit dem Antrag, die Behandlung der steuerlichen Entlastungen bis nach der Behandlung des Finanzplanes 2012 – 2015 im Kantonsrat aufzuschieben. Mindereinnahmen in Millionenhöhe haben den Regierungsrat zu diesem Schritt und zu Entlastungsmassnahmen für den Staatshaushalt gezwungen.
Bei der Konzeption der Vorlage zur Revision des Steuergesetzes im Herbst 2010 ging der Regierungsrat davon aus, dass die per 1. Januar 2012 vorgesehenen Steuersenkungen von 5 bis 6 Millionen Franken aufgrund der damals über dem Budget liegenden Steuereinnahmen 2010 finanziert und die geplante Entlastung bei den juristischen Personen ab 2013 aufgefangen werden könne. In der Folge haben sich die Rahmenbedingungen laufend verschlechtert. Die Steuereinnahmen haben sich bis Ende 2010 nicht wie erwartet entwickelt, weil die Zu- und Abrechnungen 2010 deutlich geringer ausfielen als im Durchschnitt der früheren Jahre und auch bei den Steuereinnahmen der juristischen Personen nach unten korrigiert werden mussten. Insgesamt wurden jedoch 2010 die – aufgrund der Wirtschaftslage vorsichtig – budgetierten Steuereinnahmen erreicht.
Nun zeigt sich, dass andere Kantonseinnahmen bereits im Jahr 2011 deutlich tiefer ausfallen werden als budgetiert und die Mindereinnahmen sich 2012 auf ungefähr 20 bis 25 Mio. Franken summieren dürften:
a) Direkte Bundessteuern.
Im Jahr 2009 wurden im Kanton 275 Mio. Franken direkte Bundessteuern veranlagt, davon 208 Mio. Franken bei den juristischen Personen. Davon verblieben unter Einschluss der Repartitionen 47,8 Mio. Franken beim Kanton. In der Rechnung 2010 ging der Ertrag auf insgesamt 217 Mio. Franken zurück, woran die juristischen Personen 146,1 Mio. Franken beitrugen und zu einem Kantonsanteil von noch 37,6 Mio. Franken führte (- 21 %). Die Zwischenbilanz per 31. März 2011 zeigt nun, dass 2011 und 2012 nicht wie erwartet mit gegenüber 2010 höheren direkten Bundessteuern bei den juristischen Personen gerechnet werden kann, sondern im Gegenteil ein weiterer Rückgang in Kauf genommen werden muss. Gegenüber dem Budget 2011 und dem aktuellen Finanzplan für 2012 bedeutet dies unerwartete Mindereinnahmen von 7 beziehungsweise 10 Mio. Franken.
b) Gewinnausschüttung der SNB.
In der Vereinbarung zwischen dem Eidgenössischen Finanzdepartement und der Schweizerischen Nationalbank vom 14. März 2008 war die Gewinnausschüttung der SNB für die Geschäftsjahre 2008 – 2017 auf 2,5 Mrd. Franken pro Jahr festgelegt worden. Diese Vereinbarung wird überprüft, wenn die Ausschüttungsreserve in einem Geschäftsjahr nach Gewinnausschüttung negativ wird. Dieser Fall ist mit dem Verlust der SNB im Geschäftsjahr 2010 eingetreten. Die Ausschüttungsreserve, die anfangs 2010 noch rund 19 Mrd. Franken betrug, ist nun mit gegen 5 Mrd. Franken negativ geworden. Unter diesen Voraussetzungen kann nicht damit gerechnet werden, dass die Ausschüttungen in den nächsten Jahren über dem langfristigen Ausschüttungspotential, das auf 1 Mrd. Franken pro Jahr beziffert worden ist, liegen wird. Das bedeutet, dass der Kantonsanteil an den Erträgen der Nationalbank ab 2012 voraussichtlich um mindestens 10 Mio. Franken zurückgehen wird.
Dividenden der AXPO.
Betroffen ist der Kanton zudem von den tieferen Dividenden der AXPO, an der der Kanton beteiligt ist. Nachdem diese Dividenden sich 2009 noch auf 12,5 Mio. Franken beliefen, hat sich die Ausschüttung in der Staatsrechnung 2011 halbiert. Gegenüber dem Budget 2011 bedeutet das Mindereinnahmen von 4,5 Mio. Franken und gegenüber dem geltenden Finanzplan 6,1 Mio. Franken. Insgesamt summieren sich die Mindereinnahmen aus den erwähnten Beteiligungen (SNB und AXPO) auf ungefähr 15 Mio. Franken pro Jahr.
c) Unternehmenssteuerreform II.
Auswirkungen auf den kantonalen Haushalt hat schliesslich der Übergang zum Kapitaleinlageprinzip. Mit der Unternehmenssteuerreform II ist das Nennwert- durch das Kapitaleinlageprinzip ersetzt worden. Damit werden alle geleisteten Kapitaleinlagen, einschliesslich Aufgelder und Zuschüssen bei Rückzahlung in das Privatvermögen, welche von den Inhabern der Beteiligungsrechte nach dem 31. Dezember 1996 geleistet worden sind, gleich wie die Rückzahlungen von Grund- oder Stammkapital behandelt. Das erweitert die Möglichkeit für Unternehmen, anstelle der Ausschüttung von steuerpflichtigen Dividenden Kapitalrückzahlungen vorzunehmen. Diese unterliegen weder der Verrechnungs- noch der Einkommenssteuer. Der Bundesrat schätzt die Auswirkungen in seiner Mitteilung vom 14. März 2011 auf einmalig 1,2 Mrd. im Jahr 2011 und dann längerfristig auf 300 Mio. Franken pro Jahr bei der Verrechnungssteuer. Der Ausfall bei den Einkommenssteuern wird für alle Ebenen auf 300 Mio. Franken pro Jahr beziffert. Für den Kanton sind das kurzfristig Mindereinnahmen von 2 Mio. bis 3 Mio. Franken und für die Gemeinden von rund 1 Mio. Franken pro Jahr.
Insgesamt summieren sich die erwähnten Einnahmenausfälle auf voraussichtlich 10 bis 15 Mio. Franken im Jahr 2011 und auf rund 25 Mio. Franken im Jahr 2012. Zwar sind die Arbeiten für die Budgetierung 2012 beziehungsweise die Finanzplanung für die Jahre 2012 – 2015 erst aufgenommen worden. Dennoch muss aufgrund der vorhandenen Informationen davon ausgegangen werden, dass die verfassungsmässige Haushaltvorgabe eines mittelfristig ausgeglichenen Haushaltes unter Berücksichtigung der Ausgabenentwicklung ohne weitere Massnahmen nicht erreicht werden kann und 2012 und in den weiteren Jahren erhebliche Fehlbeträge drohen.
Deshalb will der Regierungsrat mit Sofortmassnahmen die sich abzeichnende Haushaltlücke 2012 wenn möglich auf unter 30 Mio. Franken begrenzen. Dazu werden einerseits enge Vorgaben für das Budget 2012 erlassen. Zudem soll andererseits der Entscheid des Kantonsrates über die steuerlichen Entlastungen, ihren Umfang sowie deren Inkrafttreten erst nach der Behandlung des Finanzplanes 2012 – 2015 und in Kenntnis aller Fakten gefällt werden. Demgegenüber sollen die notwendigen Anpassungen des Steuergesetzes an das übergeordnete Recht weiter behandelt werden. Der Regierungsrat unterbreitet dem Kantonsrat dazu eine Ergänzung der Vorlage zur Revision des Steuergesetzes.