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Eine obligatorische Schuluniform ist nicht sinnvoll

08.12.2006 von Rosmarie Widmer Gysel

Schuluniformen - ja oder nein?

Diese Schlagzeile taucht verlässlich zu Beginn jedes neuen Schuljahres auf und löst bei mir augenblicklich Assoziationen an unsere verschiedenen Indonesienreisen aus: Bilder von Hunderten kleiner Schulkinder, beisammenstehend vor baufälligen Schulhäusern mit Wellblechdächern mitten im Regenwald oder uns Langnasen winkend in Gruppen auf dem Heimweg. Sie alle sind im ganzen Land genau gleich bekleidet, die Mädchen in weinroten Jupes, die Knaben in ebenfalls weinroten Hosen und alle mit denselben altrosafarbigen Kurzarmblusen. Diese Schuluniformen sehen trotz ihrer Einheitlichkeit unterschiedlich aus - manche sind vernachlässigt, verfetzt, schmutzig, andere wiederum sauber und gebügelt. Die Bevölkerung ist in diesen Teilen Indonesien sehr arm, aufgrund der hohen Temperaturen meist ausschliesslich sehr locker mit Sarong gekleidet, die Kinder spielen unter den Langhäusern oder vor den Hütten nackt oder in winzigen Slips.

In unseren Breitengraden wird aus ganz anderen Gründen über Schuluniformen diskutiert. Knappste und bauchfreie Shirts, Jeans auf den Hüften getragen, hervorblitzende Tangas, offene Schnürsenkel an Turnschuhen, Baseballmützen schräg oder verkehrt auf den Köpfen, jeden Tag neu auftauchende Markenkleider. Der Kleidungsstil kann an Schulen problematisch sein. In einigen Kantonen wurden daher politische Vorstösse zur Einführung von Schuluniformen unternommen, an einigen Orten laufen bereits erste Versuche damit. Das Thema wird sogar an schweizerischen Partei-Delegiertenversammlungen diskutiert.

Schulklassen sind Zwangsgemeinschaften, welche die Gesellschaft und deren Verhalten widerspiegeln. Die Schüler können sich ihre Mitschüler nicht aussuchen. Gewiss könnte eine einheitliche Schulkleidung - es braucht dafür aber keine "Uniform" - bei Lehrern, Eltern und Schülern zu einer Entlastung und Beruhigung führen. Andererseits haben unsere Schulen die Möglichkeit, klare Regeln aufzustellen, Kleidervorschriften zu erlassen. In vielen Schulzimmern in unserem Kanton ist es nicht gestattet, Mützen zu tragen. Sollte das Décolleté zu gross oder das Oberteil zu kurz sein, hängt im Schrank der Lehrperson ein XXL-Shirt bereit. Unsere Schüler müssen begreifen, dass sie ohne die Regeln des Miteinanders die Vorteile des ``Wir`` nicht erleben können und dazu selber ihren Beitrag zu leisten haben, indem sie sich entsprechend verhalten. Es kann nicht die alleinige Aufgabe des Staates sein, dafür zu sorgen, dass unsere Kinder schulgerecht gekleidet sind.

Situationsgerechte Kleidung - auch Arbeitskleidung - zu tragen, ist für mich unter anderem auch eine Frage des Respekts vor den Anderen. Wir beurteilen nun einmal einen Menschen in wenigen Augenblicken aufgrund seiner Kleidung und Sprache. Sie sind Signale für unseren ersten prägenden Eindruck. Hier sind vor allem die Eltern gefordert, als Vorbild zu wirken und ihre Erziehungsaufgaben wahrzunehmen. Und nur wenn Eltern und Lehrer sich bei der Erziehung der Kinder ergänzen und an einem Strang ziehen, kann unsere Schule gut funktionieren. Aber das Leben findet nicht nur in der Schule statt - darum werden mit der Schuluniform die Probleme der Integration, der Klassenkämpfe zwischen einzelnen Cliquen, des "Markenterrors" nicht gelöst.

Eine obligatorische Schuluniform erachte ich deshalb nicht als sinnvoll. Sollte sich aber eine unserer Schaffhauser Schulen - gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern - für einen einheitlichen Schulpullover in verschiedenen, den Jahreszeiten angepassten Ausführungen entscheiden, würde ich dieses Vorhaben unterstützen.